Wanderung auf das Walser Geißhorn von Warth/Hochtannbergpass oder aus dem Kleinwalsertal
Das Geißhorn ist der südlichste Gipfel einer kleinen Berggruppe, die steil aus dem Kleinwalsertal ansteigt. Mit einer breiten Felswand aus Hauptdolomit scheint der Berg das Gemsteltal, ein Seitental des Kleinwalsertals, im Verbund mit dem langen Ostgrat des Widdersteins nach Süden abzuriegeln. Die beiden höchsten Gipfel der Gruppe, Elferkopf & Liechelkopf, verteidigen sich mit zum Teil sehr steilen Grasflanken und Felswänden und sind für Wanderinnen & Wanderer nicht erreichbar. Zum Geißhorn hingegen führt ein guter Wanderweg.

Im Land der Walser
Zur Unterscheidung von anderen Geißhörnern und zur eindeutigen Lokalisierung ist häufig auch vom Walser Geißhorn die Rede. Damit sind wir im Land der Walser angekommen. Das Geißhorn befindet sich an der Nahtstelle zweier bedeutender Siedlungsgebiete der Walser, dem Kleinwalsertal im Norden und der Region Tannberg (Schröcken, Warth, Lech) im Süden.

Die Walser sind Nachfahren der Kolonisten, die im 14. Jh. aus dem Goms, dem obersten Talabschnitt der Rhone im Wallis auswanderten. Sie ließen sich südlich des Monte Rosa und vielfach in Graubünden (Rheinwald, Vals, Avers, Arosa, Davos, St. Antönien) nieder. Aber auch in Vorarlberg: Damüls, Großes Walsertal und Brand sind Siedlungsgebiete der Walser im »Ländle«, mit Kleinwalsertal und Tannberg als den nördlichsten. Mehr Infos gibt es bei der Vorarlberger Walservereinigung.
Am Themenweg »Auf den Spuren der Walser am Tannberg« könnt ihr in die Kultur und die Geschichte der Walser eintauchen.
Zwei Wanderungen auf das Geißhorn
Bei zwei unterschiedlichen Ausgangspunkten ist es oft möglich, einen Gipfel zu überschreiten. Beim Geißhorn ist dies ohne großen Aufwand nicht möglich. Wer vom Kleinwalsertal zum Hochtannberg möchte (oder umgekehrt), wird mit Öffis am selben Tag kaum zum Ausgangspunkt zurückkehren können. Hier wird eine Übernachtung fällig. Denkbar wäre ein Aufstieg von Mittelberg durch das Gemsteltal zum Geißhorn und via Mindelheimer Hütte und Wildental zurück nach Mittelberg. Aber auch dies wäre als Tagestour sehr lang, mit Gegensteigungen und einer Wanderzeit von mindestens 8 Std. insgesamt, bei ca. 140 Hm.
Der Anstieg aus dem Kleinwalsertal verlangt eine gute Kondition. Immerhin sind über 1200 Hm zu bewältigen! Das Gemsteltal zieht sich beim Abstieg ganz schön in die Länge. Und auch den Weg vom Hochtannbergpass sollte man nicht unterschätzen, es handelt sich um eine weitläufige Tour mit einigen kleineren Gegensteigungen.
Bei meinem ersten Besuch hatte es zum Teil sehr dichte Wolken – eine Kaltfront war einen Tag zuvor über die Alpen gezogen. Am Gipfel wehte ein kalter Wind, der meine Gipfelrast deutlich verkürzte.
Beim zweiten Mal war es hingegen fast schon zu warm. An diesem Tag erwiesen sich die Wolken als Retter. Über dem Geißhorn lag fast ununterbrochen eine große Wolke – der perfekte Sonnenschirm.

Nördlich unterhalb des Geißhorns liegt eine eigenartige Hochfläche. Schon beim ersten Mal verspürte ich den Wunsch, dort hinabzusteigen. An diesem Tag lag jedoch auf der anderen Seite ein kleines Rudel Steinböcke. So unterdrückte ich den Wunsch, gratentlang zum nördlichen Eck zu wandern. Ich wollte die edlen Tiere nicht stören. Beim zweiten Mal waren keine zu sehen und so bummelte ich noch hinüber. Dabei entstand das Beitragsbild ganz oben. Als ich abends in Warth eincheckte und der Gastgeberin von der Tour erzählte, fragte sie direkt, ob ich Steinböcke gesehen hatte …
Wanderung von Warth & Hochtannbergpass zum Geißhorn
Vom Parkplatz Jägeralpe (Bushaltestelle) oder vom Parkplatz am Straßenrand, ca. 1590 m, bis zur Wegabzweigung nach rechts. Zunächst auf einem breiten Fahrweg, vorbei an einigen Alphütten. Unterwegs besteht die Möglichkeit, dem Aussichtspunkt Tschirggen einen Besuch abzustatten.
Vor einem Bach zweigt der Wanderweg dann links ab und führt steil in Kehren bergan. Weiter oben quert er den Bach und führt direkt danach wieder scharf nach links. Nicht dem breiten Weg folgen! Nochmals etwas steiler empor und anschließend mit einer längeren Querung hinauf in eine Mulde nördlich unterhalb des Haldenwanger Kopfs.
In einem Sattel ein paar Meter hinab und links haltend wieder zur nächsten Verzweigung, 1982 m, auf den Wegweisern als Koblat bezeichnet. Hier stößt von links der Weg von der Widdersteinhütte über das Koblat hinzu. Nun rechts haltend zunächst über eine kurze Schrofenstufe. Weiter durch offenes Latschengelände in einem weiten Bogen in den Koblatpass, 2053 m (auch Geißhornjoch oder Sterzer Jöchle). Hier kommt von links der Weg aus dem Kleinwalsertal herauf.

Ihr habt nun das Geißhorn stets im Vorblick. Auf ca. 2120 m zweigt der Gipfelanstieg vom Weg zur Mindelheimer Hütte links ab. Die Abzweigung ist leicht zu übersehen. Hier beginnt der eigentliche Gipfelanstieg. Er führt in Kehren stets über den breiten Südgrat oder knapp links darunter. Trittsicherheit ist auf dem gerölligen Steig in jedem Fall nötig, dies gilt besonders für den Abstieg. Zum Gipfel hin wird es zwar steiler, aber es gibt keine ausgesetzten oder schwierigen Stellen. Zuletzt legt sich das Gelände wieder zurück und ihr steht am Gipfelkreuz auf dem Geißhorn, 2366 m.
Wanderung aus dem Kleinwalsertal zum Geißhorn
Vom Parkplatz Bödmen (Bushaltestelle Weiher) kurz hinab zum Fahrweg und über die Brücke zum Gemstelboden, 1156 m. Hierher auch von der Bushaltestelle Gemse. Auf dem breiten Fahrweg etwas monoton durch das Gemsteltal zur Hinteren Gemstelalpe, 1320 m (auch Hintere Gemstelhütte).
Hier setzt ein Wanderweg ein, der in einem Rechtsbogen über die steile Stufe ansteigt. Gut gesichert führt der Steig durch die Klamm hinauf zur Obergemstelalpe, 1694 m. Hier wendet sich Weg nach links (rechts geht’s zur Widdersteinhütte) und führt durch das Hochtal, vorbei an der Sterzerhütte, immer mit Blick auf das Geißhorn. Zuletzt etwas steiler hinauf in den Koblatpass, 2053 m. Von hier wie oben beschrieben zum Geißhorn.
Rundsicht vom Geißhorn
Die Rundsicht vom Geißhorn ist trotz der bescheidenen Höhe sehr schön. Blickfang ist natürlich der mächtige Widderstein. Rechts dahinter erkennt man das Bregenzerwaldgebirge mit den Damülser Bergen und der Kanisfluh. Weiter rechts die Ausläufer der Allgäuer Alpen rund um das Kleinwalsertal, mit Üntschenspitze, Diedamskopf und Hohem Ifen, darunter das Walmendinger Horn. Rechts vom Gottesacker zeigt sich in der Ferne die Nagelfluhkette.

Links vom Widderstein blickt ihr Richtung Südwesten auf die Gipfel der Region um den Tannberg. Im Gegensatz zu den Lechtaler Alpen dominieren im Lechquellengebirge vielfach keine langen Bergketten, sondern einzelne markante Bergstöcke, die deutlich voneinander getrennt sind wie Braunarlspitze, Mohnenfluh, Spullerschafberg oder Karhorn. Bei klarem Wetter sollte dahinter der Rätikon zu sehen sein.

Im Süden erkennt man die Region um Arlbergpass (Valluga, Trittkopf) und Flexenpass (Wildgruppe). Dahinter die 3000er im Verwall (Patteriol, Kuchenspitze, Seeköpfe, Saumspitze), mit dem Hohen Riffler als Solitär ganz links. Weiter südöstlich gibt es Durchblicke zur Samnaungruppe (Furgler, Piz Mundin) und zu den Ötztaler Alpen (Weißkugel, Glockturm, Weißseespitze, Wildspitze).

Im Osten und Südosten grüßen die höchsten Gipfel der Lechtaler Alpen (Vorderseespitze, Wetterspitze, Parseierspitze). Fast ebenso beeindruckend wie der Widderstein zeigt sich der mächtige Biberkopf. Von seinem Gipfel zieht der Hauptkamm der Allgäuer Alpen über das Hohe Licht zur Trettachspitze.

Nicht zu vergessen die beiden Nachbarn, Liechelkopf & Elferkopf und die Hochfläche unterhalb des Gipfels. Tiefblicke ins Kleinwalsertal gibt es nicht. Dazu müsste man an den nördlichen Rand der Gipfelhochfläche wandern. Bitte am Gipfel bleiben, wenn sich dort Steinböcke aufhalten.
Ausgangs- und Endpunkt / Hochtannbergpass
Hochkrumbach-Jägeralpe, Parkplatz an der Hochtannbergstraße. Bus zwischen Schoppernau & Warth (852), Haltestelle Jägeralpe.
Zeiten & Höhenmeter Jägeralpe – Koblat 1½ Std.
Koblat – Geißhorn 1¼ Std.
Geißhorn – Koblat 45 Min.
Koblat – Jägeralpe 1¼ Std.
ca. 800 Hm, inkl. Gegenanstiege
Ausgangs- und Endpunkt / Kleinwalsertal
Bödmen, gebührenpflichtiger Parkplatz an der Straße nach Baad. Bus von Riezlern nach Baad (Walserbus Linie 1), Haltestelle Weiher.
Zeiten & Höhenmeter Bödmen – Obere Gemstelalpe 2½ Std.
Obere Gemstelalpe – Geißhorn 1½ Std.
Geißhorn – Obere Gemstelalpe 1 Std.
Obere Gemstelalpe – Bödmen 1¾ Std.
1210 Hm
Anforderungen & Jahreszeit T3, Trittsicherheit am Gipfelaufbau, besonders im Abstieg!
Juni – Oktober
Alpenvereinskarte: BY2 Kleinwalsertal – Hoher Ifen, Widderstein, 1:25 000. Basiert auf der Karte des Bayerischen Landesvermessungsamtes und der ÖK. Schönste & beste Karte, jedoch mit unterschiedlicher Kartengrafik beiderseits der Grenze.
Bayerisches Landesvermessungsamt: UK50-47 Allgäuer Alpen, 1:50 000. Ebenfalls eine sehr schöne und exakte Karte, aber kleinerer Maßstab.
Kompass: 03 Oberstdorf, Kleinwalsertal,1:25 000. Weniger schön, dafür gut lesbar und reißfest.
Mayerhofer, Rudolf: Die schönsten Bergwanderungen in Vorarlberg, Löwenzahn, Innsbruck, 10. Auflage 2020. Mit Ausschnitten der ÖK (Österreichische Karte). Eine wahre Fundgrube!
Zahel, Mark: Kleinwalsertal, Mit Oberstdorf und Umgebung, Bergverlag Rother, München, 3. Auflage 2024. Mit vielen interessanten Touren.
Seibert, Dieter: Alpenvereinsführer Allgäuer und Ammergauer Alpen, Bergverlag Rother, München, 18. Auflage 2013. Der Klassiker vom vielleicht besten Gebietskenner. Beschreibt alle Gipfel beider Gebirgsgruppen, oft in Form von Rundtouren. Eine echte Fundgrube, top! Nur noch antiquarisch erhältlich, evtl. bei Alpen-Antiquariat Ingrid Koch oder digital (gescannte Bibliotheksausgaben).
Von Süden keine Möglichkeit.
Haltestelle Warth-Jägeralpe an der Buslinie von Schoppernau nach Warth/Lech (852).
Fahrplan Vorarlberg
Fahrplanbuch Vorarlberg zum Download
Haltestelle Weiher, Buslinie von Oberstdorf via Riezlern nach Baad (Walserbus Linie 1).
Fahrplan Walserbus
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