Wandern am Iseosee

Auf dem Bild geht der Blick vom Monte Colombina Richtung Süden zum Iseosee, den man von hier fast ganz überblicken kann. Links vom See sieht man die markanten Gipfel des Monte Guglielmo links und der Corna Trentapassi in der Bildmitte. Im Vordergrund sieht man in der Tiefe die Weiden und Wälder auf der Hochfläche der Ortschaft Bossico. Der Himmel ist blau, es hat ganz wenige Schleierwolken.
Traumhaft – Iseosee vom Monte Colombina

Wandern unter südlicher Sonne

Wenn man zum ersten Mal in einer Region wandern geht, gibt es reichlich Auswahl an neuen Zielen. Wandern und Bergwandern bedeutet für mich meist, auf Gipfel zu steigen. Sicherlich gibt es auch andere lohnende Ziele wie Hütten, Höhenwege, Almen oder Kirchen. Aber für mich geht nichts über ein 360°-Panorama. Müsste ich wie in einem Reiseführer meine Lieblingsplätze präsentieren, wären es wohl meistens Gipfel. Obwohl ich natürlich auch unterwegs immer wieder traumhafte Plätze entdecke.

Schon lange wollte ich Touren rund um den Iseosee machen. Vor einiger Zeit hatte ich per Zufall die Webcam am Monte Pora entdeckt. Immer wieder schaute ich mir die fantastische Rundsicht und den Blick zum Iseosee an. Und Skigebiet hin, Verschandelung her – da oben wollte ich auch stehen und mir alles in natura anschauen. Möglichst an einem klaren Tag. Ich machte also Pläne, welche Gipfel es sein sollten, hatte schon eine Liste im Kopf …

Auf dem Bild geht der Blick an einem klaren und sonnigen Tag vom Monte Pora nach Süden zum Iseosee. Man erkennt einige Dörfer rund um den See. Links vom See erhebt sich die Corna Trentapassi, am rechten Bildrand sieht man die Pyramide des Monte Bronzone. Der Himmel ist blau und wolkenlos, nur am Horizont ist es dunstig.
Klar – Iseosee vom Monte Pora

Iseosee – Zwischen Comer See & Gardasee

Der Iseosee, auch Sebino genannt, liegt in Italien in der Region Lombardei. Grob gesagt gehört das Westufer zur Provinz Bergamo, das Ostufer zur Provinz Brescia. Die Provinzgrenze verläuft mitten durch den Iseosee. Er zählt wie der Gardasee und der Comer See zu den Oberitalienischen Seen (Insubrische Seen). Über die gerne gestellte Frage, welcher See denn nun schöner sei, Gardasee oder Iseosee oder Comer See, kann ich nur den Kopf schütteln. Klare Antwort: Jeder der drei Seen hat seine speziellen Besonderheiten, jeder ist es wert, besucht zu werden. So ähnlich schrieb es einst Guiseppe Brenna in seinen SAC-Führern über die Tessiner Alpen: Jedes Gebiet verdient es, aufgesucht zu werden.

La prima volta al Lago d’Iseo – Das erste Mal

Dieses Frühjahr erschien mir für einen Trip an den Iseosee perfekt geeignet zu sein, denn Ostern war relativ spät und in den Wochen davor ist nicht allzu viel los. Außerdem ist es im April auf der Alpensüdseite schon angenehm warm. Im Sommer hingegen ist es mir auf Bergen in diesen Höhen (1000 – 2000 m) dann doch eher zu warm. Auch hat es mehr Touristen, die Übernachtungspreise sind höher, die Unterkunftssuche ist schwieriger …

Meine Unterkunft wählte ich in Pisogne am Nordende des Sees. Zu Fuß nur gut zehn Minuten zum Bahnhof. Als ich mir dann eine Zugverbindung für den nächsten Tag suchte, musste ich feststellen, dass die Bahnlinie von Edolo nach Brescia im Abschnitt zwischen Marone und Edolo vom 01.03.-07.09.2025 komplett gesperrt ist. Ich hatte mich nach meiner Ankunft schon gewundert, warum die Schranken der verschiedenen Bahnübergänge in Pisogne niemals unten waren …

Von einer Schiffsanlegestelle geht der Blick über den Iseosee zur Ortschaft Pisogne. Im Hintergrund sieht man noch steile, bewaldete Berghänge. Der Himmel ist blau und bewölkt.
Stützpunkt – Pisogne am Iseosee

Nach dieser Woche hatte ich einen großen Teil meiner imaginären Liste geschafft, gleichzeitig aber nun viele neue Ziele gesehen. Man besteigt einen Gipfel zum ersten Mal und sieht von oben mindestens zehn neue, die man auch noch machen möchte.

Einen Berg hatte ich zunächst nicht im Fokus: Der Pizzo Formico liegt nicht am Iseosee, sondern ein gutes Stück weit im Hinterland. Aber genau das wollte ich: Noch etwas Anderes sehen und vor allem den Bergen der Bergamasker Alpen etwas näher kommen als zuvor. Ein genialer Tag, abgesehen von der etwas nervigen Anreise. Eine meiner schönsten Touren auf der Alpensüdseite und vielleicht das Highlight der Woche.

Auf dem Bild geht der Blick von Osten über einen Grat hinweg zum Pizzo Formico. Man erkennt das große Gipfelkreuz. Der Berg ist links zum Teil bewaldet, rechst bricht er mit steilen Felsstufen ab. Rechts im Hintergrund sieht man die verschneiten Gipfel der Bergamasker Alpen. Der Himmel ist blau, es hat zum Teil dichte und große Schleierwolken.
Aussichtsreich – Pizzo Formico mit Bergamasker Alpen im Hintergrund

Bei klarem Wetter sieht man von den Bergen rund um den Iseosee bis zum Monte Rosa und Monviso, im Süden zeigen sich über dem Dunst der Poebene die Höhen des Apennin. Bei mir war es oft dunstig, ohne Fernsicht. Zumindest nachmittags zog der Dunst aus der Poebene in die Täler herein. So auch zum Iseosee und in die Val Camonica. Lediglich am Monte Pora war es morgens klar mit Sicht bis zum Monte Rosa.

Non parlo bene l’Italiano …

Wenn ihr ebenfalls das erste Mal am Iseosee unterwegs seid, solltet ihr wissen, dass es hilfreich ist, über ein Mindestmaß an Italienisch-Kenntnissen zu verfügen. Das gilt vor allem im Hinterland und in den Bergen. Abgesehen von touristischen Brennpunkten direkt am See solltet ihr keine Deutsch-Kenntnisse erwarten. In dieser Woche traf ich nur eine junge Frau, die ein wenig Deutsch sprach, auf etwas höherem Niveau wie mein Italienisch. Dann noch ein paar Personen mit guten Englisch-Kenntnissen. Aber auch Englisch wird nicht immer und überall verstanden.

Daher ist es gut, sich vor der Reise die wichtigsten Wörter und Ausdrücke anzueignen. Keine Angst, Italienerinnen & Italiener haben überhaupt kein Problem damit, wenn Grammatik oder Aussprache nicht perfekt sind. Sie werden euch trotzdem mit der ihnen eigenen Herzlichkeit begegnen. Meine Erfahrung ist, dass allein schon der Versuch, die Sprache zu sprechen, in Italien sehr positiv gesehen wird.

Wanderführer & Reiseführer für den Iseosee

Normalerweise bin ich kein Fan von Reiseführern. In diesem Fall und weil es mein erster Trip an den Iseosee war, habe ich davon eine Ausnahme gemacht. Auch weil ich mir ein paar Anregungen und Tipps erhofft hatte. Und tatsächlich habe ich welche gefunden, wie zum Beispiel die Riesenbank bei der Chiesa di San Fermo oberhalb von Pilzone. Die Punta dell’Orto stand sowieso auf meiner Liste. Mit dem zweimaligen Besuch der Panchina Gigante di Pilzone morgens und spätnachmittags wurde die Wanderung eine sehr runde Sache. Ein Tag, der morgens stark bewölkt und trüb begann, wurde letztlich zum Traumtag. Mehr darüber im Beitrag Wandern am Iseosee – Punta dell’Orto & Panchina Gigante. Abgesehen davon gefallen mir an diesem Reiseführer Layout, Stil und Bilder.

Bingel, Markus: Mein Trip Iseosee Lago d’Iseo, Reise Know-How Verlag, Bielefeld, 2025.

Auf dem Bild sieht man links die riesige Parkbank Panchina Gigante di Pilzone bei San Fermo. Dahinter sieht man den Iseosee, mit einigen Dörfern und dem Monte Isola. Im Hintergrund erkennt man noch einige Berge wie die Corna Trentapassi, die sich genau über dem Monte Isola erhebt. Der Himmel ist blau und wolkenlos.
Gigantisch – Panchina Gigante di Pilzone mit Iseosee

Für die Region Iseosee & Val Camonica gibt es nur einen deutschsprachigen Wanderführer, mit nur wenigen Touren am Iseosee. Der Schwerpunkt liegt in den Bergamasker Alpen. Ich kenne den Titel nicht, gehe aber davon aus, dass er dem üblichen (hohen) Standard des Bergverlags entspricht.

Solèr, Reto: Veltlin mit Bergamasker Alpen und Val Camonica, Bergverlag Rother, München, 2. Auflage 2022.

Wer sich intensiver mit den Bergen am Iseosee beschäftigen möchte, kommt an den Büchern aus der Serie Collana Vie Normali von Idea Montagna, einer genialen Reihe für Gipfelsammler, nicht vorbei. Beschrieben sind die einfachsten Routen (=Normalwege) auf die Gipfel. Zwar leider nur auf Italienisch, aber mit ein wenig Grundkenntnissen oder einem Übersetzungsprogramm, lassen sich die wichtigsten Angaben erschließen.

Bontempi, Ruggero & Camerini, Fausto & Ciri, Roberto: Prealpi Bresciane, Idea Montagna, Villa di Teolo, Italien, 2015. Prealpi Bresciane östlich der Linie Iseosee – Val Camonica, im Osten bis zum Idrosee. Tolles Buch mit wundervollen Bildern!

Ciri, Roberto & Bellinzani, Oliviero: Prealpi Lombarde Centrali, Idea Montagna, Villa di Teolo, Italien, 2016. Prealpi Bergamasche westlich der Linie Iseosee – Val Camonica, im Westen bis zum Comer See.

Wanderkarten Iseosee

Das Kartenmaterial vom Iseosee ist mehr als dürftig. Leider gibt es von dieser Region (noch) keine Karten von Tabacco. Wie es scheint, könnte sich dies in naher Zukunft ändern: Von der oberen Val Camonica gibt es bereits ein Blatt (081 Val Camonica – Breno – Val Caffaro). Der Verlag arbeitet sich seit Jahren langsam aber sicher von Südtirol und dem Trentino in westlicher Richtung vor. Bis dahin ist Kompass die erste Wahl. In dieser Region ist derzeit keine Wanderkarte über jeden Zweifel erhaben, alle enthalten Ungenauigkeiten und Fehler (auch OSM und OTM).

Kompass 106 Lago d’Iseo – Valle Trompia – Franciacorta, 1:50 000. Aktuell die einzige im deutschsprachigen Raum erhältliche Wanderkarte. Nicht detailliert, schon gar nicht immer genau und es sind nicht alle Wege eingetragen. Aber besser als keine Karte, dazu wasser- und reißfest.

Möglicherweise findet man vor Ort in Buchhandlungen oder bei Tourist Infos Karten, die bei uns nicht erhältlich sind.

Mein Tipp: Die Karten abfotografieren, die oftmals auf Parkplätzen oder in Ortszentren angebracht sind. Sie leisten bisweilen gute Dienste. So ist die in Pilzone an der Hauptstraße angebrachte Karte für die Wanderung zur Punta dell’Orto genauer und besser als alle anderen.

Wandern am Iseosee – Tipps für leichte Touren

Vielleicht wollt ihr es erst einmal etwas ruhiger angehen lassen? Dann habe ich hier ein paar Tipps für einfache Wanderungen. Diese habe ich zwar nicht selbst begangen, sie lassen sich aber im Internet recherchieren.

Auf dem Bild sieht man die Insel Monte Isola i Iseosee aus südlicher Richtung. Man erkennt das Santuario am höchsten Punkt und verschiedene Ortschaften und Straßen. Links im Hintergrund sieht man die Dörfer nördlich des Iseosees und die Bergamasker Alpen Rechts über dem Monte Isola erheben sich Corna Trentapassi und Monte Vignole. Der Himmel ist blau und wolkenlos.
Insel – Monte Isola im Iseosee

Der Monte Isola auf der gleichnamigen Insel im Iseosee ist nicht nur Ausflügler ein Muss, sondern auch zum Wandern interessant. Er stand auch auf meiner imaginären Liste. Dafür reichte es aber nicht mehr. Vielleicht lag es auch daran, dass dies ein sehr touristisch geprägter Ort ist und mir andere Ziele wichtiger waren. Aber auch hier gilt: Der Berg läuft oder in diesem Fall besser: schwimmt nicht weg. Monte Isola ist nur per Fähre (Sulzano) erreichbar. Der höchste Punkt der Insel, mit dem Santuario della Madonna della Ceriola am höchsten Punkt, ist auf verschiedenen einfachen (Wander-) Wegen erreichbar.

Wer von euch keine großen Höhenunterschiede machen will, aber viel Aussicht auf den Iseosee haben möchte, sollte sich die Antica Strada Valeriana anschauen. Der Weg verbindet Pisogne mit Iseo. Bevor am Seeufer die Straße angelegt wurde, war die »alte Straße« die übliche Verbindung zwischen Brescia und der Val Camonica. Der Wanderweg verläuft nicht am Seeufer, sondern meist 100-200 Meter höher am Hang entlang. Unterwegs bieten sich inmitten einer schönen Kulturlandschaft immer wieder prächtige Blicke auf den Iseosee. Leider befindet sich der Route abschnittsweise in unmittelbarer Nähe zur Umgehungsstraße zwischen Pisogne und Iseo, die ebenfalls hoch über dem See entlang verläuft. Man kann den Weg in Pilzone beginnen, dort wo auch der Weg zur Punta dell’Orto startet.

Die Pyramiden von Zone mit ihrem Wanderweg sind einen Ausflug wert. Das Phänomen der Erdpyramiden kenne ich bereits vom Ritten in Südtirol und aus dem bündnerischen Schanfigg zwischen Chur und Arosa. Der Rundweg beginnt und endet in Marone. Man kann aber auch vom Parkplatz unterhalb von Zone einsteigen. Achtung: Die Parkplätze in Zone sind entgegen anderer Angaben überall gebührenpflichtig! Die Gebühren können nur per App bezahlt werden, es hat keine Parkuhren. Bei meiner Tour zur Corna Trentapassi hatte ich das Schild morgens übersehen und abends nach der Tour einen saftigen Strafzettel … okay, passiert und es konnte meine gute Laune und Vorfreude auf die nächsten Touren nur für einen ganz kurzen Moment schmälern.

Val Camonica

Wer von Norden (Aprica, Edolo) anreist, passiert die Val Camonica (auch Valle Camonica oder Valcamonica). Das Tal ist bekannt für seine mysteriösen Felsbilder (Felsritzungen), die schon lange UNESCO-Weltkulturerbe sind. Das wollte ich mir ebenso anschauen. Bei dem schönen Wetter wollte ich lieber Touren machen und habe es daher auf ein anderes Mal verschoben.

Auf dem Bild geht der Blick vom Monte Pora über die Val Camonica zu den Bergen der Bergamasker Alpen und der Adamello-Gruppe im Hintergrund. Die Gipfel sind im Frühjahr noch verschneit, während die Südseiten der niedrigeren Gipfel im Vordergrund bereits fast schneefrei sind. Der Himmel ist blau und wolkenlos.
Eindrucksvoll – Bergwelt über der Val Camonica vom Monte Pora

Das UNESCO-Weltkulturerbe ist aber nur ein Aspekt der Val Camonica, denn es ist ein unglaublich schönes Tal zwischen den hellen Kalkzinnen der Concarena (Bergamasker Alpen) im Westen und den dunklen Granitgipfeln der Adamello-Gruppe im Osten. Vor allem der obere Talabschnitt zwischen Edolo und Breno vermittelt einen noch sehr ursprünglichen Eindruck. Hier gibt es unzählige Möglichkeiten zum Wandern, viele davon weisen allerdings große Höhenunterschiede auf.

Iseosee – Visit Lago d’Iseo (Offizielles Portal, Italienisch & Englisch)

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