Wandergipfel in der Schweiz – Vom Säntis zum Rautispitz
Dies ist der erste von sieben Beiträgen aus der Serie Wandergipfel in der Schweiz. Ausgangspunkt ist mein Wanderbuch Traumwandergipfel in der Schweiz von 2011. Es beschreibt eine Rundreise über 50 traumhafte Aussichts- und Wanderberge in der Schweiz. Wie es zum Buch und zur Idee mit der Rundreise kam, lest ihr im Beitrag Wandergipfel in der Schweiz – Ein Buch & die Story dahinter.
Dieser Beitrag (ent-) führt euch auf die ersten sieben Wandergipfel der Rundreise, in der Ostschweiz. Hier ist die Liste der Wandergipfel in der Ostschweiz, die wir besuchen werden:
- Säntis
- Churfirsten
- Speer
- Alvier
- Pizol
- Hochfinsler
- Rautispitz
Säntis
Normalerweise beginnt man nicht unbedingt mit einem Hammergipfel – aber was bleibt uns anderes übrig? Schließlich ragt der Säntis, der König des Alpsteins, direkt über den grünen Vorbergen des Appenzellerlandes auf. Es stellt sich uns quasi fast schon in den Weg. Zwar ist er mit einer Seilbahn erschlossen und die bestens markierten Wege sind nicht selten überlaufen. Trotzdem lohnen sich die vielen Anstiege, denn sie bieten landschaftlich viel Abwechslung und wunderschöne Einblicke in den Alpstein, der eine kleine Bergwelt für sich ist.
Geschichten von Säumern, von Bergbahnprojekten, vom Wetter, vom Rundfunk und sogar von Mördern – der Säntis hat nicht nur viele Anstiege zu bieten, sondern fast noch mehr Geschichten. Und wer sich manchmal über (zu) viele andere Wanderer am Säntis wundert, würde sich erst wundern, wenn einige der unzähligen Säntisbahn-Projekte Realität geworden wären. Der lohnendste Anstieg zum Säntis? Um diese Frage zu beantworten, sollte man verschiedene Alternativen gemacht haben. Gäbe es eine Rangliste der attraktivsten Bergwandergipfel der Schweiz, wäre der Säntis wohl ein Kandidat für die Top Ten. Er würde vielleicht sogar um die Medaillen mitspielen.
Churfirsten
Vom Säntis sind uns im Süden seltsam aufgebaute Gipfel aufgefallen – die Churfirsten. So kurios ihre Pultdächer von Norden auch aussehen mögen, nach Süden fallen sie mit Wänden senkrecht zum Walensee ab. Deshalb besteigen wir die Churfirsten mit Vorteil fast ausschließlich von Norden. Sind es nun sieben oder nur sechs? Oder vielleicht sogar mehr? Je nach Standpunkt eine spannende oder aber auch uninteressante Frage. Ein Gipfel allein wäre wohl nichts besonderes, aber im Verbund sind sie sehr speziell. Die Churfirsten sind echte Charakterberge, deren Namen origineller nicht sein könnten.
Unser Gipfel ist der Brisi, den der SAC-Führer wie folgt charakterisiert: »Der breite, leicht gewellte Gipfelgrat, die breite, fast ungegliederte und ungebänderte Südwand und der stattliche Rücken erheben diesen Berg zum Meister der sieben Gipfel.« Dem ist nichts hinzuzufügen und einem Meister statten wir natürlich gerne einen Besuch ab. Im Übrigen sind auch die anderen sechs Gipfel (Selun, Frümsel, Zuestollen, Schibenstoll, Hinterrugg & Chäserrugg) für Bergwanderer erreichbar. Die Bandbreite reicht dabei von ganz einfach wie am Selun (T2), bis zu anspruchsvoll am Zuestoll (T4).
Speer
Bevor wir uns den Bergen über dem Rheintal zuwenden, möchten wir zunächst noch dem Speer einen Besuch abstatten. Er ist einer der drei niedrigsten Gipfel auf unserer langen Reise durch die Schweizer Berge. Andererseits ist er der höchste Berg Europas! Unglaublich und wahr nur dann, wenn man noch den Zusatz »aus Nagelfluh« anbringt.
Der Speer ist der höchste Nagelfluhberg Europas. Für Geologen gehört er nicht einmal zu den Alpen, sondern zum Mittelland. Konglomerat, das Gestein, das den Speer aufbaut, zählt zur so genannten Molasse, die von den Geologen gar nicht den Alpen zugerechnet wird. Der Speer ist also auch noch der höchste Gipfel des Schweizer Mittellandes. Ziemlich viele Superlative für einen 1000er.
Obwohl er also geologisch nicht zu den Alpen zählt, gibt sich der Speer zumindest im Frühjahr recht alpin – bis in den Frühsommer wartet er mit steilen Schneefeldern auf. Eine Überschreitung vom Toggenburg zum Walensee verspricht eine landschaftlich besonders abwechslungsreiche Tour.
Alvier
Aus dem rauen Toggenburg geht’s dann hinab ins milde Rheintal. Hier erhebt sich der Alvier, der dritthöchste und einer der populärsten Gipfel der nach ihm benannten Berggruppe. Als »Prototyp eines Traumgipfels« hat ihn der legendäre Walter Pause einmal bezeichnet. Um dem gerecht zu werden, unternimmt der Alvier ziemlich viel: er bietet drei markierte Anstiegsmöglichkeiten an. Und sogar eine eigene Gipfelhütte besitzt er, um so die Aufmerksamkeit der Bergwanderer auf sich zu lenken.
Der südseitige Anstieg von Palfries ist nicht selten überlaufen. Deshalb wählen wir die zwar längere, aber ruhigere Variante ab dem Buchserberg. Noch ruhiger gestaltet sich die viel seltener begangene Route durch die Nordmulde zurück zum Ausgangspunkt. In der Alviergruppe gibt es noch weitere lohnende Wanderberge, die besonders im Herbst sehr beliebt sind. Namentlich Gonzen, Margelchopf und Höchst sind wunderbare Aussichtsberge. An schönen Herbstwochenenden kann hier ebenso wie am Alvier einiges los sein.
Pizol
Nun wird es Zeit, ein wenig Hochgebirgsluft zu schnuppern und deshalb ist der Pizol im St. Galler Oberland unser nächstes Ziel. Vom Alvier und den Churfirsten konnten wir den Gipfel mit seinen zackigen Trabanten schon bestaunen. Am schönsten aber präsentiert er sich aus der Nähe der Wildseelücke mit dem Wildsee im Vordergrund. Früher schmückte ein kleiner Gletscher den Berg. Für das Wanderbuch schrieb ich seinerzeit: »Fragt sich nur, wie lange es den kleinen Pizolgletscher noch gibt, denn er wird immer kleiner. Grund genug also, um baldmöglichst dem Pizol einen Besuch abzustatten.« Leider ist der Pizolgletscher bereits Geschichte. In 2018 zerfiel er in zwei Hälften, 2019 wurde er medienwirksam »beerdigt«.
Mit der 5-Seen-Wanderung im Abstieg wird die Tour dennoch eine runde Sache. Fünf Seen ziehen immer – dabei besuchen die meisten Wanderer nur vier. Den ersten, den kleinen Wangsersee, lassen sie sprichwörtlich links liegen und steuern von der Bergstation aus direkt den Wildsee an. Der Wangsersee ist zwar nur 5 Min. von der Station entfernt, aber eben in der falschen Richtung.
Nebenbei ist der Pizol der höchste Berg, der vollständig auf St. Galler Boden liegt. Von seinem Gipfel sehen wir viele Bündner Berge und nicht weit entfernt steht der Calanda, den wir zum Abschluss unserer Reise besuchen. Bis dahin warten noch viele andere Berge auf uns …
Hochfinsler
Wir schlagen aber zunächst einmal die andere Richtung ein. Nicht weit entfernt, südlich des Walensees, dem Fjord der Ostschweiz, steht schon unser nächster Traumwandergipfel, der Hochfinsler. Wohl die wenigsten Wanderer haben schon einmal von diesem Berg gehört. Er ist ein echter Insidertipp oder Geheimtipp, den ich normalerweise gar nicht verraten dürfte. Oder doch?
Am Hochfinsler treffen wir insbesondere Einheimische, die wissen, welch schöne Rundsicht der Hochfinsler bietet. Im Süden bilden die Gipfel der Ringelspitzkette und des Sardona-Massivs die Blickgrenzen. Im Norden erreichen nur Säntis und Altmann eine größere Höhe. Beim Abstieg kann man als Zugabe mit der Guscha einen weiteren Gipfel mitnehmen. Wem das noch immer nicht reicht – auch der Steingässler nebenan freut sich über Besuch.
Rautispitz
Unsere Reise führt nun am wunderschönen Walensee entlang und vor lauter Freude darüber würden wir fast am Glarnerland vorbei rauschen. Etwas versteckt liegt der kleine, aber feine Kanton zwischen den Bergen der Glarner Alpen. Kurz nachdem uns der Kerenzertunnel wieder ans Tageslicht entlässt, entdecken wir auf der linken Seite den Rautispitz. Vom Speer und von Amden aus haben wir ihn schon bewundert. Zwar wird er vom Glärnisch überragt, macht aber dennoch ziemlich viel Eindruck.
Irgendwie scheint der Rautispitz nicht bei der »normalen« alpinen Gebirgsbildung entstanden zu sein. Bei ihm sieht es so aus, als wäre er direkt aus dem Talboden in die Höhe gewachsen. Eine uneinnehmbare Burg, nach dem Motto: »Du kommst hier nicht rauf«. Tatsächlich ist er ein »Schaf im Wolfspelz«, denn von hinten lässt er sich mit einer guten Kondition ganz einfach besteigen. Da er ein echter Wandergipfel ist, lassen wir uns den Rautispitz natürlich nicht entgehen. Es gibt vielleicht abwechslungsreichere Touren, aber die Tiefblicke vom Gipfel auf das etwa 1800 Meter tiefer gelegene Glarnerland sind sensationell.
Die Fortsetzung der Rundreise findet ihr im Beitrag Wandergipfel in der Zentralschweiz.