Wandergipfel in der Schweiz – Vom Augstmatthorn zum Wiriehorn
Dies ist der dritte von sieben Beiträgen aus der Serie Wandergipfel in der Schweiz. Ausgangspunkt ist mein Wanderbuch Traumwandergipfel in der Schweiz von 2011. Es beschreibt eine Rundreise über 50 traumhafte Aussichts- und Wanderberge in der Schweiz. Wie es zum Buch und zur Idee mit der Rundreise kam, lest ihr im Beitrag Wandergipfel in der Schweiz – Ein Buch & die Story dahinter.
Den vorherigen Abschnitt der Rundreise findet ihr im Beitrag Wandergipfel in der Zentralschweiz.
Dieser Beitrag (ent-) führt euch auf die nächsten acht Wandergipfel der Rundreise, im Berner Oberland. Hier ist die Liste der Wandergipfel im Berner Oberland, die wir besuchen werden:
- Augstmatthorn
- Güggisgrat (Gemmenalphorn – Niederhorn)
- Wildgärst
- Schwalmere
- Gehrihorn
- Bunderspitz
- Niesen
- Wiriehorn
Im Berner Oberland wurde der Bergtourismus quasi »erfunden«, hier stehen einige der schönsten und gewaltigsten Berge der Alpen. Aber unsere Ziele sind sie nicht, die vergletscherten Drei- und Viertausender. Wir besteigen Gipfel, von denen wir die Eis- und Felsriesen aus sicherer Entfernung betrachten können. In Kombination mit den Voralpen und den beiden Oberländer Seen, ergibt das eine perfekte Berglandschaft.
Augstmatthorn
Nördlich über dem Brienzersee erhebt sich eine steile Bergkette, die überwiegend aus Gras und Schrofen aufgebaut ist – der Brienzergrat. Bekanntester Berg ist das von zwei Seiten mit einer Bahn erschlossene Brienzer Rothorn. Unser Interesse gilt dem Augstmatthorn. Natürlich ist der lange Anstieg direkt vom Seeufer zum Gipfel kein Pappenstiel, aber es ist schon sehr eindrücklich, wenn man einen Berg von ganz unten besteigt, wenn man ihn so richtig »ausmessen« kann. Wer das nicht möchte, hat zwei bequemere Alternativen.
Den Gipfelgrat müssen wir uns oft mit Steinböcken teilen. Sie sind quasi die »Hausherren« am Brienzergrat. Früher jagte man sie, bis es in den Schweizer Bergen keine mehr gab. Und irgendwann hat man angefangen, Steinböcke wieder anzusiedeln. Erfreuen wir uns daran, dass diese edlen Tiere in den Alpen wieder so verbreitet sind und wir ihre Kletterkünste nicht nur rund um das Augstmatthorn bewundern können.
Güggisgrat (Gemmenalphorn – Niederhorn)
Im Hinterland von Interlaken liegt der ruhige Ort Habkern und wer vom Augstmatthorn hierher abgestiegen ist, kann gleich weiter wandern und den Güggisgrat nach Beatenberg überschreiten. Vor allem rund um das Gemmenalphorn tummeln sich ebenfalls oft Steinböcke. Manchmal liegen sie direkt am Wegesrand. Offensichtlich sind sie an Menschen gewöhnt. Aber vielleicht schätzen sie ebenso wie wir das grandiose Panorama der Berner Alpen. Die Gratwanderung zum Niederhorn darf man ohne Übertreibung zu den schönsten Panoramawanderungen in den Alpen zählen.
Berner Oberländer und Stadtberner sind wirklich zu beneiden. Wo sonst findet sich so ein schöner Sonntagsspaziergang, wie auf dem Weg vom Niederhorn zum Burgfeldstand? Kommt noch dazu, dass der höchste Punkt im Güggisgrat auf seiner Südseite mit einer großzügigen Liegewiese ausgestattet ist. Perfekt für ein Nickerchen.
Wildgärst
Nachdem wir nun ziemlich viele Voralpengipfel bestiegen haben, wird es Zeit, wieder ein wenig Felsen und Schutt unter die Füße zu bekommen. Dazu reisen wir nach Grindelwald. Der bekannte Bergsteigerort hat zum Glück noch mehr im Programm als nur die Eigernordwand. Neben sehr gut besuchten Gipfeln wie Faulhorn, Schwarzhorn oder Männlichen, gibt es auch Berge, die nicht ganz so überlaufen sind. Einer davon ist der Wildgärst, der irgendwie davon zu profitieren scheint, dass er sich von Grindelwald aus gesehen hinter dem Schwarzhorn verstecken kann. Einsamkeit sieht zwar anders aus, aber hier oben gibt es mehr als genug Platz.
Manchmal ist es vielleicht gar nicht mal so schlecht, im Schatten anderer zu stehen. Weniger Popularität kann auch mehr sein – es bedeutet vor allem mehr Ruhe und mehr Muße. Gerade Letzteres scheint vielen Menschen in unserer hektischen Zeit total abzugehen. Dagegen gibt’s aber was: eine lange Rast auf der riesigen Gipfelfläche des Wildgärst.
Schwalmere
Unser nächster Berg ist in jedem Fall eine sehr lange und anstrengende Geschichte. Ganz egal von wo man auch kommt, am Weg zur Schwalmere wird einem nichts geschenkt. Schon gar kein schneller Gipfelerfolg. Dass sich der Andrang in Grenzen hält, ist ein angenehmer Nebeneffekt, den nicht viele populäre Wanderberge in der Schweiz bieten können. Wir können zwischen drei Ausgangspunkten (Grütschalp, Sulwald, Kiental) wählen. Die Aussicht von oben auf den Thunersee ist unbeschreiblich schön.
Die Schwalmere wird zu den Berner Voralpen gerechnet. Das klingt fast schon ein wenig mickrig, denn unter den Begriff »Voralpen« stellt man sich Grasberge mit eher kurzen Anstiegen vor. Manch einer neigt dazu, diese Berge zu unterschätzen und bringt sich so in Schwierigkeiten. Wer jedoch einmal einen der langen Wege zur Schwalmere gegangen ist, wird den Gipfel keinesfalls als voralpin oder gar mickrig empfinden – und unterschätzen schon gar nicht.
Gehrihorn
Als nächstes unternehmen wir einen Abstecher ins Kiental. Das noch ursprüngliche Bergtal wird durch den Kontrast zwischen wilden Eis- und Felsgipfeln im Talhintergrund und voralpinen Gras- und Schrofengipfeln im vorderen Teil bestimmt. Die Gemeinde Kiental setzt mehr auf einen weniger harten Wandertourismus und versucht, sich mit Themenwegen in diesem Bereich zu positionieren. Action, Fun und Rummel sind hier offensichtlich weniger erwünscht. Der Trend geht bei vielen Bergdörfern dahin, sich nicht um jeden Preis zu verkaufen und in eine Endlosspirale zu kommen, nach dem Motto immer mehr, immer verrückter, immer wilder.
Unser Ziel ist das Gehrihorn, das trotz geringer Höhe mit einer hohen Felswand auf der Westseite Eindruck macht. Es beschert uns einen schönen Blick auf den Thunersee. Wir überschreiten den Berg nach Frutigen und könnten uns ob der exzellenten Verkehrsverbindungen aussuchen, wohin wir wollen. Selbst das Wallis wäre schon greifbar nahe.
Bunderspitz
Aber noch bleiben wir ihr Berner Oberland. Adelboden im Engstligental ist unser nächstes Ziel. Hier lässt sich gut Bergwandern, obwohl der Ort eher bei Skifahrern populär ist. Auf seiner Ostseite begrenzen das wilde Massiv des Gross Lohner und der voralpine Allmegrat das Engstligental. Im Allmegrat gibt es gleich drei lohnende Wandergipfel: Elsighorn, First und der Bunderspitz, den wir uns zum Ziel gesetzt haben. Beim Aufstieg droht ständig der Lohner über uns mit wilden und hohen Wänden. Am Gipfel haben wir eine beruhigende Distanz dazwischen gelegt und genießen eine wunderschöne Rundsicht an der Naht zwischen Vor- und Hochalpen.
Im Abstieg vom Bunderspitz freuen uns auf Kandersteg mit seinem sehr vielseitigen Tourenangebot. Von gemütlichen Alp- und Passwanderungen bis hin zu einfachen Dreitausendern reicht die vielseitige Palette. Heute wurde uns wieder einmal bewusst: Nirgends im Alpenraum lassen sich Überschreitungen zwischen zwei Tälern so gut realisieren wie in der Schweiz. Nicht nur dass die Pass- und Gipfelwege bestens markiert sind. Entscheidend ist vielmehr das exzellente System des öffentlichen Verkehrs. Die Überschreitung des Bunderspitz liefert den Beweis.
Niesen
Seit dem Hochstollen ist er ständig in unserem Blickfeld, keine Tour seitdem, auf der wir ihn nicht gesehen hätten. Die Rede ist vom Niesen, der als perfekte Pyramide über dem Thunersee thront. Und er könnte uns so einige Geschichten erzählen, von Bahnprojekten, die nie über den Projektstatus hinausgekommen sind, über ehemalige Bäder an seinem Bergfuß und natürlich auch über die vielfältigen Anstiegsmöglichkeiten.
Wer den langen Weg von Wimmis via Ahorni begeht, kann am Niesen auch noch Ruhe und Ursprünglichkeit erleben. Auf diesem Weg zum Gipfel können Bergwanderer ausprobieren, wie sich eine Eigernordwand anfühlt. Diese ist in etwa genau so hoch wie die Höhendifferenz zwischen Wimmis und dem Niesengipfel. Also eine beachtliche Wanderleistung, auch wenn sich die technischen Schwierigkeiten natürlich in keiner Weise vergleichen lassen. Aber immerhin. Wer hingegen keine Lust auf große Höhenunterschiede hat, kann den Berg auch ab der Mittelstation Schwandegg der Niesenbahn erwandern. Die wunderbare Aussicht haben wir uns auch in diesem Fall verdient.
Wiriehorn
Zum Abschluss unserer Touren im Berner Oberland unternehmen wir noch einen Abstecher ins Diemtigtal, das vielleicht zu den schönsten Wanderregionen in den Schweizer Alpen zählt. Es ist schon fast so etwas wie eine kleine Welt für sich und außerhalb der Region Bern weitgehend unbekannt. Es bietet eine Fülle lohnender Touren, mit denen man fast schon einen eigenen Führer füllen könnte. Auf Gipfel wie Drunengalm, Männliflue, Rauflihorn und einige andere führen markierte Wanderwege. Wer sich einen Überblick über das Tal und seine Bergwelt verschaffen möchte, ist auf dem Wiriehorn genau richtig.
Fast könnte man meinen, der Berg habe sich aus den ostschweizerischen Churfirsten hierher verlaufen, denn er bildet ebenso ein gleichmäßig geneigtes Pultdach. Wir umrunden auf unserer Tour das Wiriehorn fast ganz und fühlen uns dabei fast wie Pilgerer, die einen heiligen Berg umrunden. Heute ist das Wiriehorn unser Mittel- und Fixpunkt. Ganz gleich, ob es nun tatsächlich der Mittelpunkt des Tales ist, einer der schönsten Aussichtsberge der Berner Voralpen ist es allemal.
Die Fortsetzung der Rundreise findet ihr im Beitrag Wandergipfel in der Romandie.
Noch mehr Wandergipfel im Berner Oberland gewünscht? Weitere Ziele findet ihr im Tourenführer Berner Oberland, den ich gemeinsam mit zwei Kollegen schrieb: Hohgant, Faulhorn, Stockhorn, Männliflue … Das Buch ist längst vergriffen, aber noch als E-Book erhältlich.