Üssers Barrhorn – Höchster Wandergipfel der Schweiz?

Auf dem Bild geht der Blick vom Äußeren Barrhorn über einen auffälligen Vorgipfel und das Mattertal hinweg zu den gletscherbedeckten Gipfeln der Mischabelkette in der linken Bildhälfte. Die beiden höchsten Gipfel sind Dom und Täschhorn. Rechts von der Mischabel sieht man am Horizont das Rimpfischhorn. In der rechten Bildhälfte dominiert das Brunegghorn über dem Inneren Barrhorn. Links hinter dem Brunegghorn schaut noch die Dufourspitze (Monte Rosa) aus den Wolken. Die Nordseiten der Berge sind mit Neuschnee bedeckt. Der Himmel ist blau, es hat Schleierwolken und Quellwolken.
Hochalpin – Mischabelkette & Brunegghorn vom Äusseren Barrhorn

Hochalpine Bergwanderung im Wallis auf das Barrhorn

Mit dem Slogan »Höchster Wandergipfel der Alpen« wurde das Üssers Barrhorn (Äußere Barrhorn) früher kräftig beworben. Doch ist das noch so? Das Üssers Barrhorn ist 3610 m hoch, doch mittlerweile gibt es einen markierten Anstieg auf das Gross Bigerhorn bei Grächen. Mit einer Höhe von 3626 m ist das Bigerhorn gerade mal 16 m höher als das Barrhorn. Die Gemeinde St. Niklaus im Mattertal im Wallis, zu der auch der Tourismusort Grächen gehört, bewirbt seit diesem Jahr den Anstieg auf das Gross Bigerhorn als »höchsten Wanderweg Europas«. Aber auch das ist scheint nicht korrekt zu sein – den Titel dürfte mit 3645 m der Monte Vioz in der Val di Sole im Trentino in Italien für sich verbuchen.

Andererseits: Das Groß Bigerhorn ist »nur« ein Vorgipfel des Balfrin, mit einer Schartenhöhe von ca. 40 m. Das Barrhorn hingegen ist mit einer Schartenhöhe von 267 m deutlich prominenter (selbständig). Es ist zwar auch keiner der prominentesten Berge der Alpen, aber prominenter als das Bigerhorn.

Auf dem Bild geht er Blick von Gspon oberhalb von Stalden im Wallis Richtung Süden auf die Gipfel der Balfrin-Gruppe. Die Gipfel und Gletscher leuchten bereits in der Sonne, während das Saastal darunter noch im Schatten liegt. Man erkennt den Grat zwischen Balfrin und Gross Bigerhorn, das genau in der Bildmitte zu sehen ist. Der Himmel ist blau und wolkenlos.
Morgenstimmung – Balfrin-Gruppe von Gspon

In der Schweiz gibt es sonst keine Berge in dieser Höhe, auf die markierte Steige führen. Auch das Gross Bigerhorn steht schon länger auf meiner Wunschliste. Am besten also beide Gipfel irgendwann mal besuchen.

Vom Turtmanntal auf das Barrhorn

Die Besteigung wird meist in zwei Tagen durchgeführt. Fitte Gänger können das Barrhorn an einem Tag machen. Dafür sind ein sehr früher Aufbruch und stabiles Wetter Voraussetzung. In diesen Höhen ist es kein Spaß, in Schwierigkeiten zu kommen. Auch wenn die beiden Barrhörner das Etikett »Wandergipfel« tragen – sie sind über 3500 m hoch und es geht durch hochalpines Gelände, das ihr unbedingt ernst nehmen solltet.

Wegen der großen Höhe ist das Barrhorn eine ernstere Angelegenheit, als niedrigere 3000er wie das Sparrhorn oder die Bella Tola. Im Vergleich zu diesen beiden Wanderdreitausendern geht es hier um fast 600 m höher hinauf!

Wer jedoch über Erfahrung im Bergwandern verfügt und schon erste 3000er bestiegen hat, kann das Barrhorn ohne Bergführer machen. Das gilt für den Barrhorn Normalweg über die Turtmannhütte, der mit T3+ einzustufen ist. Mehr dazu auch im Beitrag Schwierigkeitsgrade beim Bergwandern.

Auf dem Bild sieht man in der linken Bildhälfte das Gässi, die »Schlüsselpassage« im Anstieg zum Barrhorn. Genau oberhalb erkennt man am Moränenrücken einen Steinmann. In er rechten Bildhälfte sieht man den Brunegggletscher. Unterhalb des Gässi hat es Schuttfelder. Der Himmel ist blau, aber durch die dichten Wolken kaum zu sehen. Sie Sonne scheint fast
Gässi – »Schlüsselpassage« zum Barrhorn

Schwierigste Passage ist die Felsstufe am Gässi. Diese ist aber bestens gesichert. Entgegen anderer Berichte möchte ich mich nicht der Meinung anschließen, dass die Sicherungen überflüssig sind. Das Gestein ist dort durch viele Begehungen mittlerweile sehr speckig und rutschig, sodass die Sicherungen durchaus berechtigt sind. Ihr solltet die Tour nicht bei Schnee oder Regen unternehmen.

Wanderung zur Turtmannhütte

Vom Parkplatz Inners Sänntum, 1901 m, folgt ihr am schnellsten und ohne Gegensteigungen dem Fahrweg, der in angenehmer Steigung, zum Teil in Kehren, oberhalb der Turtmänna zum Stausee, 2185 m, führt. Er wurde angelegt, um die Schmelzwasser der Gletscher kontrollieren zu können. Ihr wandert zuerst westlich, dann südlich um den See herum (man kann auch die andere Seite benutzen, allerdings nicht markiert). Die obersten Kehren des Fahrwegs lassen sich abkürzen und ihr gelangt zur Wegteilung bei P. 2281 m. Hier befindet sich auch die Talstation der Materialseilbahn zur Hütte. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: rechts der »Steinmannliweg«, der südlich um den Felssockel herum führt und links der direkte, etwas kürzere Anstieg. In beiden Fällen erreicht ihr bald die Turtmannhütte, 2519 m.

Auf dem Bild geht der Blick von oberhalb des Gässi zurück auf das Turtmanntal und die gegenüberliegende Bergkette zwischen Frilihorn und Bella Tola. Die Turtmannhütte ist knapp rechts von der Bildmitte als kleiner Punkt im Schatten erkennbar. Der Himmel ist blau und fast wolkenlos.
Rückblick – Turtmanntal & Turtmannhütte von oberhalb des Gässi

Varianten beim Hüttenanstieg: Von Gruben taleinwärts bis P. 1859 m, dort links ab nach Hungerli Mittelstafel und auf einem Höhenweg via Brändji Oberstafel zu P. 2281 m, der Talstation der Hüttenseilbahn. Dieser Punkt ist auch ab Inners Sänntum via Holustei erreichbar.

Hochalpine Wanderung auf das Üssers Barrhorn

Von der Hütte quert der Steig in südöstlicher Richtung zunächst durch Alpweiden und steigt dann steil durch Schutt hinauf zum Gässi, 2640 m, der »Schlüsselstelle« der Tour. Bestens gesichert durchsteigt ihr in Kehren diese couloirartige Passage. Vorsicht allerdings bei Nässe! Beim Ausstieg oberhalb von P. 2614 m, öffnet sich eine neue Welt – über euch, aber noch immer weit entfernt, erheben sich die Barrhörner mit ihren riesigen Schutthalden.

Auf dem Bild sieht man den letzten Abschnitt im Anstieg zum Üssers Barrhorn im Wallis. Im Hintergrund spitzen die zwei Gipfelzacken in den stahlblauen Himmel. Der Gipfel dacht sich nach links (Westen) mit seiner mäßig steilen Schuttflanke ab, nach rechts (Osten) bricht er mit steilen Wänden ins Mattertal ab. Der Berg ist einer der höchsten leichten 3000er in der Schweiz. Er ist auf einer guten Wegspur zu erreichen. Diese ist im Vordergrund und am Gipfelaufbau gut zu erkennen. Dort sieht man auch einige Bergwanderer. Links sind in der Flanke auch noch Schneefelder zu sehen, die das ganze Jahr überdauern. Links sieht man im Hintergrund noch die Bella Tola, einen weiteren leichten 3000er im Wallis und im Hintergrund die Berner Alpen mit dem Wildhorn. Dort hat es auch ein wenige Quellwolken.
Höhepunkt – Schlussanstieg zum Äusseren Barrhorn

Der Steig verläuft schon bald durch Moränenschutt. Oberhalb von ca. 2950 m wird das Gelände deutlich felsiger, der Steig führt nun über Felsplatten, die Trittsicherheit verlangen. Zudem ist hier gut auf die Markierung zu achten! Bei P. 3090, m haltet ihr euch rechts, um über einen steilen Schutthang ins Schöllijoch, 3343 m, zu gelangen. Die Wegspur quert nun die Westflanke des Inneren Barrhorns bis in den Sattel, P. 3488 m, zwischen den beiden Barrhörnern. Das Finale bildet ein steiler, etwas rutschiger Hang, durch den jedoch eine gute Wegspur führt, die euch zum Gipfelkreuz am Üssers Barrhorn, 3610 m, leitet.

Rundsicht vom Üssers Barrhorn

Die Rundsicht ist fantastisch und hochalpin, auch wenn sie vor allem im Süden ein wenig eingeschränkt wird. Dort stehen mächtig Weisshorn, Bishorn und Brunegghorn. Auf der anderen Seite des Mattertals stehen Mischabel und Balfrin-Gruppe, dahinter das Saaser Dreigestirn mit dem Weissmies und die Gamserberge. Im Norden die Südfront der Berner Alpen mit vielen beeindruckenden Gipfeln. Im Westen die Berge rund um Val d’ Anniviers, dazwischen der Grand Combin mit seinen Trabanten. Spannend sind die Tiefblicke auf den Unteren Stelligletscher. Interessant ist der Blick auf die Talstufen des Goms – wer vom Furkapass das Goms hinab fährt, kann das Barrhorn von fast überall sehen.

Auf dem Bild geht der Blick vom Inneren Barrhorn über den Brunegggletscher zu den Eisriesen Brunegghorn links, Weisshorn und Bishorn. Aus dieser Perspektive scheint das Bishorn fats genauso mächtig zu sein wie das Weisshorn, denn es verdeckt den 4500 m hohen Berg zum Teil. Die Nordseiten der Berge sind mit Neuschnee bedeckt. Der Himmel ist blau, es hat einige Quellwolken.
Gletscher – Brunegghorn, Weisshorn und Bishorn vom Inneren Barrhorn

Übergang zum Inneren Barrhorn

Zunächst wieder in den Sattel hinab. Von hier auf einer guten Wegspur einfach auf das Innere Barrhorn, 3583 m. Der kurze Anstieg lohnt sich wegen der Stille (im Gegensatz zum viel begangen Üssers Barrhorn wird der kleinere Bruder relativ wenig beachtet) und wegen des wunderschönen Blicks hinüber zum soeben bestiegenen Hauptgipfel.

Das Innere Barrhorn erhält nicht ganz so viel Besuch, viele lassen es beim Abstieg vom Äusseren Barrhorn im wahrsten Sinn des Wortes links liegen. Dabei ist der Aufwand gar nicht so groß.

Auf dem Bild sieht man von Inneren Barrhorn hinüber zum Äußeren Barrhorn. Der Gipfel bricht nach rechts mit wilden, zum Teil überhängenden Wänden ab. Nach links dacht es sich viel sanfter ab. Über diese Seite führt denn auch der Bergwanderweg zum Gipfel. Er ist im obersten Abschnitt gut erkennbar. Unterhalb des Steigs liegen einige Schneefelder. Im Hintergrund sieht man noch ein paar Berge der Augstbordregion und dahinter die Berner Alpen, deren Gipfel allerdings größtenteils in Wolken stecken. Der Himmel ist blau und nur an den Berner Alpen hängen einige Quellwolken.
Wild – Äusseres Barrhorn vom Inneren Barrhorn

Die Rundsicht ist von hier natürlich ähnlich, wobei das Üssers Barrhorn selbst eines der Schaustücke darstellt.

Abstieg zur Turtmannhütte

Entweder auf Wegspuren hinab ins Schöllijoch und wie im Aufstieg zur Hütte. Oder zurück in den Sattel zwischen den Barrhörnern. Von hier in westlicher Richtung direkt hinab, bis ihr auf die Wegspur trefft, die von rechts vom Üssers Barrhorn herab kommt. Dieser folgt ihr absteigend, zunächst sehr bequem. Weiter unten in Kehren durch steileres Gelände hinab zu P. 3090 m, wo ihr wieder auf den markierten Weg trefft.

Ausgangs- und Endpunkt
Inners Sänntum, Endpunkt der Straße im Turtmanntal, nur per Pkw erreichbar, Parkplätze. Teils sehr schmale Straße von Oberems! Gruben, Endstation der Busse im Turtmanntal, Bergbahn- und Busverbindung von Turtmann über Oberems (2245 und 2246). Auf Anfrage fährt der Bus bis Inners Sänntum. Vorher abklären.

Zeiten & Höhenmeter
Inners Sänntum – Turtmannhütte 2 Std.
Turtmannhütte – Schöllijoch 2½ Std
Schöllijoch – Üssers Barrhorn 1 Std.
Üssers Barrhorn – Inneres Barrhorn 30 Min.
Inneres Barrhorn – Turtmannhütte 2½ Std.
Turtmannhütte – Inners Sänntum 1½ Std.
zusätzlicher Zeitbedarf ab Gruben ca. 1½ Std. insgesamt
1700 Hm, 100 Hm zusätzlich für Inneres Barrhorn

Anforderungen & Jahreszeit
T3+, Trittsicherheit im Gässi, nicht bei Schnee oder Regen
Mitte Juli bis September

Die Barrhörner liegen leider ungünstig im Schnittpunkt mehrerer Karten, egal ob im 50er- oder 25er-Maßstab.

Swisstopo 50, 3306 Matterhorn – Mischabel (Zusammensetzung der 50er-Kartezwar ohne Wanderwege, aber die beste Lösung).

Wenn ihr lieber mit der 25er unterwegs seid – für diese Tour benötigt ihr zwei Blätter (1307 Vissoie & 1308 St. Niklaus).

Swisstopo-App für Smartphone und Tablet.

Infos und Blattschnitte bei Swisstopo.

Bauer, Marianne & Waeber, Michael: Walliser Alpen, Gebietsführer für Wanderer, Bergsteiger und Kletterer, Bergverlag Rother, München, 14. Auflage 2012. Seit vielen Jahren das Standardwerk. Der Führer ist nicht nur für Hochalpinisten geschrieben, enthält viele Bergwandergipfel und Höhenwege. Bei der Fülle an Informationen erstaunlich preiswert. Topp!

Bahnzhaf, Bernhard Rudolf / Biner, Hermann / Theler, Vincent: Alpine Touren Matterhorn / Dent Blanche / Weisshorn, Vom Col Collon zum Theodulpass, SAC-Verlag, Bern 2010. Beschreibt alle sicheren und lohnenden Routen auf die Gipfel zwischen Rhonetal und Matterhorn, darunter auch viele Bergwanderungen.

ÖV

Gruben im Turtmanntal erreicht man von Turtmann im Rhonetal mit der Bergbahn nach Oberems (2245) und von dort mit Bus (2246). Auf Anfrage fährt der Bus bis Inners Sänntum. Vorher abklären. Mit der ersten Verbindung ist man um 08:25 Uhr in Gruben (Stand Sommer 2024). Für eine Tagestour ist das zu spät. Dann besser mit Hüttenübernachtung.

Die Schweiz hat das beste System des öffentlichen Verkehrs – zumindest im Alpenraum. Ich habe selbst ein Halbtax-Abo (»Schweizer Bahncard«). Das Halbtax ist nicht nur in den Zügen, sondern auch in Bussen und vielen Bergbahnen gültig. Wer mehrere Tage im Wallis unterwegs ist, sollte gut nachrechnen – das Halbtax-Abo kann sich hier sehr schnell amortisieren! Zugegeben: Die Bahntickets sind nicht gerade preiswert, Parkplätze und Parkhäuser aber auch nicht.

Infos zu Preisen und Verbindungen:

Schweizerische Bundesbahnen SBB

Matterhorn Gotthard Bahn

Fahrplanauskunft ÖV Schweiz

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