Zwischen Rhonetal und Aletschgletscher
Die Region um den Aletschgletscher zählt zweifellos zu den Höhepunkten der Schweiz. Der größte Gletscher der Alpen zieht jedes Jahr unzählige Wanderinnen & Wanderer magisch an. An seiner Südostseite lässt er sich auf leichten Wegen erwandern. Nur selten ist ein Gletscher dieser Größe so einfach zu erreichen und begreifen. Die Seilbahnen von Mörel zur Riederalp, von Betten zur Bettmeralp sowie von Fiesch zur Fiescheralp und zum Eggishorn, ermöglichen schöne und einfache Bergwanderungen, die ohne mechanische Hilfe nur mit sehr viel Aufwand machbar wären. Trotz Bahn ist das Eggishorn ein lohnender und aussichtsreicher Wanderberg, das sich problemlos mit einem Abstecher zum Aletschgletscher und zum Märjelensee kombinieren lässt. Das Gebiet Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn ist seit 2001 als erstes Naturerbe im Alpenraum auf der Welterbe-Liste. Das Gebiet umfasst 540 Quadratkilometer in den Kantonen Bern und Wallis, davon ist fast die Hälfte vergletschert. Es sind 23 Gemeinden beteiligt.
Bergwandern im Land der Hochalpinisten
Ansonsten ist das Gebiet um den Aletschgletscher fast ausschließlich den Hochalpinisten und Kletterern vorbehalten. Im Bereich der Nesthorn- und Aletschhorngruppen haben Bergwanderinnen & Bergwanderer fast nichts zu bestellen. Die meisten Gipfel sind anspruchsvoll und nur mit großen Höhenunterschieden erreichbar. Also kein Wanderland. Leichte 3000er? Davon gibt es hier nur einen: Das Sparrhorn, bei Swisstopo »Sparrhoru« genannt, ist ein leichter 3000er in den Alpen. Einer der leichtesten und mittlerweile auch einer der kürzesten. Der schon früher nicht allzu anstrengende Anstieg von der Belalp zum Sparrhorn wird seit einiger Zeit durch den Sessellift nach Hohbiel fast schon zu einem Halbtagsausflug degradiert. Entsprechend hoch sind die Besucherzahlen. Einsamkeit solltet ihr hier also eher nicht erwarten. Andererseits bietet der Sessellift Kindern die Möglichkeit, einen hohen Gipfel zu erreichen.
Wer von euch das Angebot, den Berg mit möglichst wenig Aufwand zu erreichen, annehmen möchte: Der Sessellift ist nur im Juli und August in Betrieb. Wer von euch es hingegen am Gipfel gerne etwas ruhiger hat, der wird ab September kommen. Durch den südseitigen Anstieg ist die Tour meist noch bis Oktober möglich.
Der Grosse Aletschgletscher ist mit einer Länge von 23 Kilometern der längste und gleichzeitig flächenmäßig größte Gletscher in den Alpen. Er hat seinen Ursprung am Konkordiaplatz. Hier fließen drei große Firnströme zusammen: Grosser Aletschfirn, Jungfraufirn und Ewigschneefeld. Dazu mündet von Osten noch der wesentlich kleinere Grüneggfirn. Auf dem 25er-Blatt 1249 Finsteraarhorn von Swisstopo ist dieser einmalig schöne Platz wunderbar dargestellt. Eine Landkarte nur mit Fels und Eis!
Die Berner Alpen im Wallis
Das klingt zunächst einmal seltsam. Aber ja, die Berge nördlich des Walliser Rhonetals zählen zu den Berner Alpen. Obwohl ein großer Teil davon im Wallis liegt. Die Walliser Alpen befinden sich südlich des Rhonetals. Beide Berggruppen sind neben der Montblancgruppe die wohl mächtigsten Gebirgszüge in den Alpen. Gemeinsam stellen sie 60% aller 4000er in den Alpen (Hauptgipfel, ohne Neben- und Sekundärgipfel).
Hinzu kommen viele »hohe 3000er«. Dies gilt gerade für die Berge zwischen Aletschgletscher, Lötschental und Rhonetal. Hier versammeln sich einige sehr bedeutende Berge unter 4000 Meter. Allen voran das unvergleichliche Bietschhorn, das zu den schönsten Bergen der Alpen gezählt werden darf und das schon von weitem auffällt. Aber auch andere Gipfel wie Nesthorn, Lötschentaler Breithorn, Schinhorn und Geisshorn sind beeindruckende Berggestalten. Alle diese Berge zeichnen sich durch ihren wilden und ursprünglichen Charakter aus. Von großen Erschließungen verschont geblieben, ist es ein Gebiet für Bergsteiger klassischer Prägung. Wer sich dafür interessiert, sei unbedingt auf den tollen SAC-Führer verwiesen (siehe Kasten »Führer«). Mit ein wenig Recherche finden sich auch für Bergwanderinnen & Bergwanderer interessante Ziele.
Das Sparrhorn ist also im Wallis eine eher kleine Nummer. Aus der Ferne ist der Gipfel kaum auszumachen und er wirkt bisweilen wie ein Art Schulter im langen Ostgrat des viel mächtigeren Hostock. Im Bild unten ist dies ebenso gut zu erkennen wie der flache Kamm, über den der Anstieg von links unten nach rechts verläuft (genau unterhalb der Wolke, die sich im Hang verirrt hat).
Gleichzeitig ist es aber einer der schönsten und einfachsten 3000er in der Schweiz für Bergwanderinnen & Bergwanderer. Die tolle Rundsicht bietet nicht nur aufregende Nah- und Einblicke in die hochalpine Umrahmung des Oberaletschgletschers, sondern auch auf die Walliser Viertausender.
Erinnerungen, Erlebnisse und Geschichten
Das Sparrhorn war einer meiner ersten 3000er. Bereits 1983 stand es auf der erweiterten Tourenliste für unseren Familienurlaub in Kandersteg im Berner Oberland. In der Zeitschrift »Bergwelt«, seinerzeit das führende Magazin im Bereich Bergsport, gab es einen Artikel zu hohen Zielen in den Alpen für Bergwanderer. Dabei war auch das Sparrhorn. Aus der Tour wurde damals leider nichts.
Das erste Mal war ich 1990 mit meiner damaligen Freundin oben. Wir waren beide in der Ausbildung, hatten kein Geld für Übernachtungen. Unsere »Unterkunft« war das Auto. Eine Woche lang. Wenn man jung ist, macht einem das nichts aus. Und wir hatten eine Woche im Wallis nur richtig schönes Wetter.
Das zweite Mal war ich am Sparrhorn für meinen Tourenführer Leichte 3000er in der Schweiz. Damals war der Sessellift bereits in Betrieb und es war auch mehr los. Aber erst später. Als wir den Gipfel erreichten, waren wir zunächst längere Zeit allein oben. Wie beim ersten Mal war der Blick zum Aletschhorn mein Highlight.
Sparrhorn
Von der Bergstation Belalp, 2095 m, zunächst dem leicht ansteigenden Fahrweg folgen. Nach einer Brücke zweigt der Anstieg zum Gipfel links ab und führt oberhalb des Lüsgasees vorbei zum Tyndalldenkmal, 2351 m, hinauf. Diesem könnt ihr einen Besuch abstatten oder links haltend direkt in den Sattel, P. 2343 queren. Von hier wandert ihr über Alpweiden, mal flacher, mal etwas steiler, mehr oder weniger direkt auf den Gipfel zu. Dabei wird mehrfach ein Fahrweg gekreuzt, der im Winter wohl als Piste dient. Auf etwa 2650 m Höhe weisen die Markierungen nach links, zur Bergstation der Sesselbahn auf dem Hohbiel. Das wäre aber ein Umweg. Also einfach die Markierungen ignorieren und rechts auf dem Steig bleiben, der langsam aber sicher zum eigentlichen Gipfelaufbau führt. Dieser beginnt knapp unterhalb von P. 2789. Diesen Punkt (etwa in der Mitte des steilen Rückens) erreicht ihr auch auf einem markiertem Steig von der Bergstation der Sesselbahn Hohbiel, 2676 m.
Der Weg steigt nun deutlich steiler über diese erste steilere Stufe an und an ganz wenigen Stellen können auch schon mal die Hände zum Einsatz kommen. Weiter oben quert der Steig nach rechts, um in einem Bogen zuerst ein Blockfeld und dann wieder die Kammhöhe zu erreichen. In diesem Abschnitt ist der Weg an ein paar Stellen leicht ausgesetzt, Vorsicht! Nochmals quert die Spur wieder kurz in die östliche Flanke hinein und steigt zuletzt durch Schutt und über leichte Blöcke zum Gipfel des Sparrhorns, 3020 m, hinauf.
Hochalpine Rundsicht
Die Rundsicht ist durchaus als großartig zu bezeichnen. Die hochalpine Umrahmung des Oberaletschgletschers auf der Nordseite und das nahe und mächtige Aletschhorn sind sehr beeindruckend. Im Süden sind die Walliser Alpen vom Blinnenhorn bis zum Weisshorn wie ein künstliches Panorama aufgestellt: Blinnenhorn – Monte Leone – Fletschhorn – Monte Rosa – Mischabel – Matterhorn – Weisshorn. Ziemlich viel Prominenz. Auf der Nordseite stellt natürlich das Aletschhorn alle anderen Gipfel in den Schatten. Beeindruckend ist die Zackenreihe der Fusshörner. Spannend auch der Blick über den Grat Richtung Nesthorn. Hingegen sieht man vom Aletschgletscher lediglich einen ganz kleinen Ausschnitt. Dafür den Oberaletschgletscher mit seiner wilden Umrahmung umso besser.
Der schönste Blick auf den Aletschgletscher? Ganz klar, vom Eggishorn. Aber ihr wisst ja: Wandern ist schöner als fahren, der Aufstieg von der Station Fiescheralp lohnt sich!
Im Abstieg gibt es die Möglichkeit, eine kleine Rundtour anzuhängen. Dazu steigt ihr vom Tyndalldenkmal zum Hotel Belalp, 2131 m, ab. Hier steht auch eine Kapelle, dei einen fotogenen Rahmen bildet. Zuletzt geht’s auf einem bequemen und aussichtsreichen Wanderweg über Lüsga zur Belalp.
Ausgangs- und Endpunkt
Belalp, Bergstation der Seilbahn von Blatten (2325). Sesselbahn ab Belalp nach Hohbiel (2326) im Juli und August. Busverbindung nach Blatten ab Brig (12.624). Blatten ist auch auf einer gut ausgebauten Straße erreichbar. Ausschließlich gebührenpflichtige Parkplätze.
Zeiten & Höhenmeter
Belalp Station – Sparrhorn 2¾ Std.
Sparrhorn – Hotel Belalp – Belalp Station 2 Std.
925 Hm
Bergstation Hohbiel – Sparrhorn 1¼ Std.
Sparrhorn – Bergstation Hohbiel ¾ Std.
350 Hm
Anforderungen & Jahreszeit
T3, Trittsicherheit am Gipfelaufbau, nicht bei Schnee
Juli bis Oktober
Swisstopo 25, 2516 Aletschgebiet (Zusammensetzung der 25er-Karte, ohne Eintrag der Wanderwege).
Swisstopo 33, 3324 T Lötschental – Aletschgebiet (wasserfest, Vergrößerung der 50er-Karte).
Swisstopo-App für Smartphone und Tablet
Infos und Blattschnitte bei Swisstopo.
Waeber, Michael & Bauer, Marianne: Wallis – Oberwallis Zermatt, Saas-Fee, Lötschental, Simplon, Goms, Bergverlag Rother, München, 9. Auflage 2022. Mit weiteren Tourenideen in der Aletschregion. Sehr empfehlenswert.
Senn, Bernhard: Alpine Touren Berner Alpen Bietschhorn – Nesthorn – Aletschhorn, Vom Lötschental zum Grossen Aletschgletscher, SAC-Verlag, Bern, 7. Auflage 2016. Nachfolgewerk des legendären »Clubführer Berner Alpen Band 3«. Auf den ersten Blick nur für Hochalpinisten und Kletterer. Für Bergwanderinnen & Bergwanderer ist die Auswahl zwar begrenzt – aber es gibt sie, die lohnenden Ziele im Alpinwanderbereich!
Bachmann, Thomas: Jungfrau – Aletsch – Bietschorn, 35 Wanderungen im und ums UNESCO Weltnaturerbe,Rotpunktverlag, Zürich, 2006. Wie alle Bücher aus dem Rotpunktverlag mit jeder Menge Hintergrundwissen gespickt. Topp, sehr empfehlenswert! Zitat Verlagsseite: Ein bunter Strauß an Hintergrundinformationen bereichert das Unterwegssein … Ergänzt wird das Wanderangebot durch umfangreiche Informationen zu Anreise, Logiermöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten.
Bus ab Brig nach Blatten (12.624).
Seilbahn von Blatten zur Belalp (2325)
Sessellift Belalp Hohbiel (2326, nur Juli und August).
Die Schweiz hat das beste System des öffentlichen Verkehrs – zumindest im Alpenraum. Ihr seid mehrere Tage in der Aletschregion unterwegs? Dann macht ein Halbtax-Abo (»Schweizer Bahncard«) vielleicht Sinn. 180 Schweizer Franken sind nicht wenig. Aber wenn ihr vorhabt, an mehreren Tagen Bergbahnen zu nutzen, solltet ihr das vorher vielleicht durchrechnen. Zumal Blatten, Riederalp und Bettmeralp nur mit ÖV erreichbar sind.
Anders als in anderen Regionen der Schweiz wie bspw. im Berner Oberland, existiert im Oberwallis kein Tarifverbund. Laut einer Studie zur Einführung eins Tarifverbunds wäre das Kosten-Nutzen-Verhältnis dafür nicht gegeben.
Infos zu Preisen und Verbindungen:
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