Wanderung ab Brand mit Öffis
Von Bludenz kommend, bietet sich am Ortseingang von Brand ein sehr eindrucksvolles Bild. Mächtig ragt das Schesaplana-Massiv mit seinen Gipfeln im Hintergrund auf und riegelt das Tal nach Süden ab. Besonders schön wirken die Berge im Frühling, wenn in den Rinnen und auf den Schutthalden der Nordseiten noch Schneefelder liegen, die den Gipfeln einen (hoch-) alpinen Anstrich geben.
Vor den hohen Gipfeln drängt sich ein rundlicher, latschenüberzogener Kopf ins Bild, der zumindest den Wildberg fast ganz verdeckt: Der Mottakopf spielt sich von hier als mächtiger Gipfel auf. Dabei ist er nur der nördlichste Stützpfeiler im langen Grat, der vom Wildberg Richtung Brandnertal zieht. Die Gratlänge zwischen beiden Gipfeln beträgt 3 Km bei einer Höhendifferenz von fast exakt 600 Hm. Also nichts weiter als ein kleiner Vorgipfel. Aber was für ein! Mit einer Höhe von gerade mal 2176 m ist er zwar viel niedriger als die anderen Berge im Schesaplana-Massiv, aber genau das macht die Rundsicht so eindrucksvoll, vom Gipfel wirken Schesaplana, Panüeler Kopf & Co. wie Giganten. Die Tour zum Mottakopf ist eine der eindrucksvollsten Wanderungen im Rätikon!

Der Name Mottakopf ist vermutlich rätoromanischen Ursprungs. »Motta« oder »Mutta« bezeichnet eine Anhöhe oder Bergkuppe. In Graubünden gibt es viele Beispiele dafür: Muottas Muragl bei Samedan, Motta Naluns bei Scuol, Muotta d’Alp bei Tschlin, Mottana bei Tarasp, Mot Tavrü in der Val S-charl … die Liste ließe sich verlängern. In den Tälern im Rätikon lebten vor Ankunft der deutsch-alemannischen Siedler Rätoromanen. Von Brand aus gesehen zeigt sich der Mottakopf tatsächlich als rundliche Bergkuppe. Ähnlich zeigt er sich vom Loischkopf.
Der Mottakopf ist bestens geeignet für eine Wanderung mit den Öffis. Die Tour lässt sich selbst vom Bodensee (Lindau, Bregenz) problemlos mit Öffis als Tagestour durchführen. Spätestens in Brand solltet ihr das Auto stehenlassen. Bei der Gletscherbachbrücke hat es keinen Parkraum! Die Parkplätze in Brand sind kostenlos und wenn ihr in Brand übernachtet, ist die Busfahrt in eurer Gästekarte inkludiert. Beste Gelegenheit also, sich mal zum Ausgangspunkt chauffieren zu lassen.
Anspruchsvolle Wanderung zum Mottakopf
Die Tour zum Mottakopf ist anspruchsvoller als auf andere Wanderberge im Brandnertal wie Loischkopf, Mondspitze oder Schafgafall. Am Mottakopf braucht es nicht nur Trittsicherheit, im obersten Abschnitt ist auch Schwindelfreiheit erforderlich. Nicht umsonst ist der Steig blau markiert. Ein alpiner Steig mit erhöhtem alpinen Risiko, der damit auch mehr Eigenverantwortung verlangt. Auf den Tafeln steht: »Nur für Geübte«. Das heißt, dass ihr jedenfalls über ein Mindestmaß an Bergerfahrung verfügen solltet. Der Steig sollte in jedem Fall schneefrei sein und der Boden einigermaßen trocken. Dann ist es perfekt. Für den Abstieg vom Gipfel gibt es übrigens keine Alternative. Folgendes Bild illustriert eine Passage im obersten Abschnitt.

Die Webcam am Lünersee zeigt den Mottakopf rechts vom mächtigen Seekopf, über den großen Schutthalden. Hier könnt ihr schauen, ob der Mottakopfsteig schneefrei ist. Bei entsprechender Beleuchtung morgens sind auch die roten Gesteinsadern in der Gipfelregion erkennbar.
Falls euch der Gipfelanstieg zu anspruchsvoll erscheint, lohnt sich allein schon die Wanderung zur Oberen Sonnenlagantalpe. Ganz in der Nähe steht ein großes Alpkreuz mit Tisch und Bank. Gerade richtig für eine schöne Rast in wilder Umgebung!

Schesaplana-Massiv
Auf der Tour dominiert das Schesaplana-Massiv. Im Rätikon gibt es kein anderes Massiv, das ähnlich viel (hoch-) alpines Flair verströmt. Das Gletscherbachtal beeindruckt mit hohen Wasserfällen und Karen, in denen sich Schneefelder bis weit in der Sommer hinein halten. Ein eindrücklicher Felsenzirkus! Am schönsten dürfte die Tour im Juni sein, wenn die hohen Gipfel im Süden noch schneebedeckt sind und viel Schmelzwasser aus der Gletscherdole über die Wasserfälle ins Tal schießt. Die Bilder untermauern diese Behauptung. Ein toller Anstieg in großartiger Umgebung!
Beim Wildberg fällt auf seiner Ostseite eine sichelförmige rote Gesteinsschicht auf, die am Mottakopf größtenteils fehlt – fast wie abrasiert. Auf dem Beitragsbild ist dies sehr gut zu sehen. Es handelt sich um Hornstein-Jurakalke. Es sind vermutlich dieselben Gesteine, die auf der anderen Seite des Brandnertals bei der Zimba in Form eines roten Ringes, der den ganzen Berg umgibt, wieder auftauchen! Da es in der Zimbagruppe noch einen Sarotla-Wildberg gibt, wird der Wildberg im Schesaplana-Massiv mitunter auch als Brandner Wildberg bezeichnet.

Wanderung von Sonnenlagant zum Mottakopf
Bei der Haltestelle Sonnenlagant, ca. 1275 m, ist der Mottakopf bereits ausgeschildert. Ihr folgt zunächst einem Fahrweg. Die Szenerie im Gletscherbachtal mit vielen Wasserfällen ist von Anfang an wunderschön. Bald schon zweigt der Bergweg links ab. Der Weg steigt steiler über eine Wiese an und führt in einen Laubwald, der in diesem Bereich fast schon wie im Tessin auf der Alpensüdseite anmutet. Nach einem Bachtobel, quert der Steig die steilen Grashänge in nördlicher Richtung. An einer Stelle gibt es ein Tritteisen, das euch sicher über eine Stufe hinab leitet.

Nach einem kurzen Abschnitt in einem Hochwald, führt der Steig wieder flacher zur Oberen Sonnenlagantalpe, 1843 m. Etwas unterhalb ist die bereits verfallene Obere Schattenlagantalpe sichtbar. Offensichtlich wird sie noch immer genutzt – statt Kühen grasen dort Schafe. Eben eine Schafalpe.
Nun beginnt der Mottakopfsteig im engeren Sinne. Er holt zunächst ein Stück weit nach Westen aus. Es folgt eine lange Querung unter hohen Felswänden. Auf ca. 2000 m wird es luftiger und ausgesetzter. Geschickt windet sich das kleine Steiglein um mehrere Ecken und Vorsprünge. Dabei können an ein paar Stellen kurz die Hände zur Unterstützung zum Einsatz kommen. Man ist immer wieder überrascht, wo und wie es weitergeht. Zuletzt führt ein steiler Rasenhang zum Gipfelkreuz am Mottakopf, 2176 m.
Rundsicht vom Mottakopf
Die Rundsicht ist sehr eindrucksvoll. Ein großartiger Platz, mitten im Rätikon. Ganz nah beherrschen die Gipfel rund um die Schesaplana vom Seekopf bis zum Panüeler Kopf die einmalige Szenerie. Beeindruckend steigt von hier der lange Grat zum Wildberg hinauf.

Im Norden liegt euch das Brandnertal zu Füßen. Weit draußen stehen die grünen Gipfel im Bregenzerwald und im Lechquellengebirge. Im Osten dominiert die Brandner Mittagspitze. Selbst die höhere Zimba lugt nur knapp links darüber hervor. Links davon sinkt der Zwölferkamm ins Brandnertal ab.

Im Südosten präsentieren sich die Rätikonfluhen von den Kirchlispitzen bis zur Sulzfluh. Zwischen Schafgafall und Seekopf liegt der Lünersee eingebettet, mit Staumauer und Bergstation der Lünerseebahn.
In der Ferne erkennt ihr über dem Lünersee bei klarem Wetter Muttler und Stammerspitz, die beiden höchsten »Samnauner«. Im Westen schauen mit Gauschla und Alvier zwei weitere Schweizer Gipfel herüber.
Ausgangs- und Endpunkt
Haltestelle Sonnenlagant von Brand zur Lünerseebahn (580). Mit dem Auto nicht sinnvoll – keine Parkplätze bei der Gletscherbachbrücke!
Zeiten & Höhenmeter Gletscherbachbrücke – Obere Sonnenlagantalpe 1½ Std.
Obere Sonnenlagantalpe – Mottakopf 1¼ Std.
Mottakopf – Obere Sonnenlagantalpe 45 Min.
Obere Sonnenlagantalpe – Gletscherbachbrücke 1 Std.
900 Hm, Obere Sonnenlagantalpe 570 Hm
Anforderungen & Jahreszeit T3, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, T2 bis Obere Sonnenlagantalpe
Anfang Juni bis Ende Oktober
freytag & berndt: 5374 Brandnertal-Nenzinger Himmel-Rätikon, 1:35 000. Beste und schönste Wanderkarte für das Brandnertal.
Kümmerly+Frey: 02 Montafon – Silvretta, 1:35 000, reißfest, inkl. Download Karte für Smartphone.
Braendle, Hermann: Rätikon Reader, Bucher Verlag Hohenems, 2009. Wander- und Lesebuch in einem. Mit interessanten Hintergrundinfos.
Mayr, Herbert: Brandnertal: mit Großem Walsertal und Klostertal, Bergverlag Rother, München, 5. Auflage 2018. Deckt das ganze Spektrum von leicht bis anspruchsvoll ab. Die hier beschriebenen Ziele sind enthalten. Sehr empfehlenswert.
Mayerhofer, Rudolf: Alpenvereinsführer Rätikon, Bergverlag Rother, München, 10. Auflage 2014. Der Autor beschreibt nur die üblichen Anstiege, die regelmäßige Begehungen aufweisen und verzichtet auf heikle Touren. Sehr schöne und eindrucksvolle Farbbilder.
Flaig, Günther & Walther: Alpenvereinsführer Rätikon, Bergverlag Rother, München, verschiedene Auflagen. Die »alten Flaig-Führer« (AVF) sind längst vergriffen, einige davon sind mittlerweile digital erhältlich (gescannte Bibliotheksausgaben). Teilweise bereits veraltet, aber wunderbar geschrieben. Evtl. noch antiquarisch erhältlich bei Alpen-Antiquariat Ingrid Koch.
Hunziker Manfred: Alpine Touren Ringelspitz / Arosa / Rätikon, SAC Verlag, Bern, 2010. Enthält im Gegensatz zu früheren Auflagen auch die nördlichen Rätikon-Kämme in Liechtenstein und Österreich. Wie alle SAC-Führer zwar nicht unbedingt preiswert, aber im gewohnt exakten und souveränen Stil von Manfred Hunziker. Top!
Unterwegs keine Einkehrmöglichkeit.
Brand ist von Bludenz per Bus erreichbar (580). Im Sommer (Juni – Oktober) verkehrt der Bus ab Brand weiter zur Talstation der Lünerseebahn, Haltestelle Sonnenlagant.
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