Südlich der Linie Bellinzona – Locarno und des Monte Ceneri schwingen sich die Tessiner Voralpen ein letztes Mal über 2000 m auf, bevor sie im Flachland der Poebene auslaufen. Höchster Gipfel im Sottoceneri ist mit 2228 m der Camoghè, neben Monte Segor und Gazzirola einer von drei 2000ern. Westlich des Monte Ceneri hat es keine 2000er. So ist der Monte Tamaro uneingeschränkter Herrscher im Dreieck zwischen Lugano – Lago Maggiore – Locarno.
Aus der Magadino-Ebene zwischen Lago Maggiore und Bellinzona steigt die Kette des Monte Tamaro fast ansatzlos zum Hauptgipfel an. Von dort sinkt der Kamm langsam nach Süden ab. Dabei wirft er einige schöne und leicht erreichbare Gipfel auf, wie Monte Gradicciòli, Monte Magno oder den bekannten und mit einer Seilbahn erreichbaren Monte Lema. Weiter westlich erhebt sich zwischen Monte Gambarogno – Covreto eine zweite, kleinere und niedrigere Kette. Sie ist über den Sattel der Alpe di Neggia mit dem Monte Tamaro verbunden.
Die Tamaro-Kette liegt fast komplett auf Schweizer Boden. Die Grenze verläuft hier nicht wie meistens üblich über Grate oder Kämme, sondern durch die Westflanke im südlichen Abschnitt zwischen Monte Lema und Monte Pola.
Auch wenn kein Gipfel die 2000-Meter-Marke erreicht, sollte man diese Berge nicht unterschätzen. Sie sind vielfach steil, die Wege oft schmal und bei Nässe oder Schnee nicht ungefährlich.
Prominentester Berg im Tessin
Der Monte Tamaro ist zwar »nur« 1961 m hoch, aber der prominenteste Berg im Tessin. Seine Schartenhöhe beträgt 1405 m. Der höchste Berg im Tessin, die Adula (Rheinwaldhorn) kommt »nur« auf 1337 m. Die Nummer drei im Tessin, mit einer Schartenhöhe von 1317 m, ist der 1701 m hohe Monte Generoso südlich von Lugano.
In der Rangliste der prominentesten Berge der Alpen liegt der Monte Tamaro auf Platz 56. Im gesamten Alpenraum gibt es mit dem Monte Grappa im Veneto nur einen Berg unter 2000 Meter, mit einer größeren Schartenhöhe. Auf Platz 2 in dieser Rangliste folgt der Monte Tamaro, gemeinsam mit dem nicht weit entfernten 1686 m hohen Monte San Primo, der sich im so genannten Triangolo Lariano zwischen den zwei südlichen Armen des Comer Sees ausbreitet.
Vom Monte Tamaro sieht man den höchsten Punkt der Schweiz, die Dufourspitze, 4633 m, und gleichzeitig den tiefsten Punkt, den Lago Maggiore, 196 m. Dies ist aber vermutlich auf allen Gipfeln über der Magadino-Ebene der Fall.
Der Monte Tamaro ist zweifellos einer der attraktivsten Wandergipfel im Tessin!
Höhenweg Monte Tamaro – Monte Lema
Sehr beliebt ist der Höhenweg Monte Tamaro – Monte Lema. Er nimmt etwa 5 Std. Gehzeit in Anspruch. Wenn schneefrei, ist der Weg einfach zu begehen, T2. Er zählt vermutlich zu den populärsten Höhenwegen im Tessin.
Den Höhenweg als solches bin ich noch nie komplett gegangen. Aber nur den Abschnitt zwischen Bass di Montóia und Monte Gradicciòli habe ich noch nie gemacht. Alle anderen Abschnitte kenne ich von Touren zu den Gipfeln oder von der Überschreitung des südlichen Teils zwischen Passo d’Agario und Monte Lema.
Hier ein kurzer Überblick: Von der Alpe Foppa zunächst auf dem Fahrweg nach Manèra. Weiterhin auf breitem Weg an der Capanna Tamaro vorbei nördlich unterhalb des Motto Rotondo (Ul Mött Tund) in die Bocchetta del Motto Rotondo (P. 1839 m bei Swisstopo). Von hier über den Grat rasch zum Monte Tamaro. Absteigend in die Bassa Indemini und von hier entweder den Monte Gradicciòli rechts in der Flanke umgehend oder schöner über den Gipfel in den Passo d’Agario. Meist knapp unterhalb der Gipfel (Monte Magno und Poncione di Breno lassen sich alternativ auch überschreiten) weiter zum Monte Lema.
Achtung: Im Herbst 2024 ist die Seilbahn Monte Tamaro nicht in Betrieb. Sie wird renoviert und soll im Juni 2025 wieder eröffnet werden.
Definitiv eine sehr schöne und aussichtsreiche Wanderung. Gleichzeitig sehr viel begangen. Ihr wollt es etwas ruhiger? Dann würde ich euch die Rundtour von der Alpe di Neggia empfehlen. Dort werdet ihr zumindest im Abstieg oft allein unterwegs sein. Zum ersten Mal hatte ich die Tour im Buch Traumwandergipfel in der Schweiz beschrieben.
Die Wanderungen am Monte Tamaro lassen sich zu schönen & einfachen Überschreitungen kombinieren. Verschiedene Möglichkeiten sind in diesem Beitrag angedeutet. Ihr könnt sie selbst zusammenstellen. Dazu würde ich euch in jedem Fall eine gute Wanderkarte empfehlen. Wer sich eingehender mit dieser Region beschäftigen möchte, den verweise ich zusätzlich auf den grandiosen SAC-Führer Tessiner Voralpen.
Wanderung von der Alpe di Neggia zum Monte Tamaro
Von der Alpe di Neggia, 1394 m, führt der Weg zunächst im Zickzack hinauf zur Alpe Tamaretto, 1604 m. Weiterhin aussichtsreich am Kamm entlang bis zum Gipfelaufbau des Monte Tamaro. Der schöne, zum Teil vom Militär mit Platten ausgelegte Weg quert in die steile Nordwestseite des Gipfels hinein, bis nach rechts die Wegspur gipfelwärts abzweigt. Dieser folgt ihr im Zickzack über den steilen Nordgrat und erreicht schon bald das Gipfelkreuz auf dem Monte Tamaro, 1962 m.
Panorama vom Monte Tamaro
Die sensationelle Aussicht reicht über viele Tessiner Berge hinweg zu den Giganten der Bernina und Monte Disgrazia im Osten und den Walliser Alpen im Westen. Knapp links vom Strahlhorn spitzt das Matterhorn heraus.
Bei klarer Sicht im Herbst erkennt ihr im Süden über dem Dunst der Poebene die Höhen des Apennin und im Südwesten den Kegel des Monviso. Bei ihm sieht es manchmal fast so aus, als würde er über dem Dunst schweben …
Abstieg über die Alpe die Montóia zur Alpe di Neggia
Vom Gipfel zu Beginn teilweise steil am Südkamm hinab in die Bassa di Indemini, 1723 m. Über eine kleine Erhebung, 1790 m wandert ihr in die nächste Einsattelung, die Bassa di Montóia, 1764 m. Hier zweigt ihr nun rechts ab, vorbei an der der Alpe di Montóia, 1630 m, bis zu einer weiteren Abzweigung. Erneut rechts haltend weiter auf dem Weg, der von hier die gesamte Südwestseite des Monte Tamaro durchzieht. Ihr quert dabei einige Gräben, der eindrucksvollste kommt direkt vom Monte Tamaro herab. Der Weg zieht sich doch ein wenig in die Länge, bis ihr endlich die Monti Idacca, 1201 m, erreicht. Nun bleibt noch der etwas lästige Anstieg hinauf zur Alpe di Neggia. Wenn ihr aber zeitig dran seid, könnt ihr von den Monti Idacca per Bus (62.352) zur Alpe di Neggia fahren, das erspart immerhin knapp 200 Hm. Allerdings gibt es nur wenig Kurse, Fahrplan beachten!
Ausgangs- und Endpunkt
Alpe di Neggia, Pass zwischen Gambarogno und Indemini. Verbindungen ab Locarno und Bellinzon am besten über Tarifverbund Arcobaleno. Kurvenreiche und zum Teil steile Straße von Vira (Gambarogno), Parkplätze.
Zeiten & Höhenmeter
Alpe di Neggia – Monte Tamaro 1¾ Std.
Monte Tamaro – Bassa di Montóia 2 Std.
Bassa di Montóia – Monti Idacca 1¼ Std.
Monti Idacca – Alpe di Neggia 45 Min.
840 Hm
Anforderungen & Jahreszeit
T2+, Trittsicherheit auf der Grathöhe und auf Laub bedeckten Wegen
Juni bis Oktober, Vorsicht bei Schnee im Frühsommer (Nordseite!)
Swisstopo 33, 3328 T Lugano-Menrisiotto (wasserfest, Vergrößerung der 50er-Karte). Die preiswerteste & beste Karte.
Swisstopo 25, 1333 Tesserete, noch exakter, aber ohne Wegeintragungen.
Swisstopo-App für Smartphone und Tablet.
Mehr Infos bei Swisstopo.
Brandt, Maurice & Brenna, Guiseppe: Clubführer Tessiner Voralpen 5 – Vom Passo S. Jorio zum Generoso, SAC-Verlag, Bern 2000. Fünfter Band der »Brenna-Enzyklopädie« über die Tessiner Alpen. Topp! Vor der Leistung dieses Mannes kann man sich nur verbeugen. Seine fünf Bände über die Tessiner Alpen umfassen »3.000 Seiten Informationen und beinahe 4.800 Routen«, wie der SAC schreibt. Dort finden Interessierte eine Würdigung der Verdienste von Guiseppe Brenna aus dem Jahr 2003. Ähnliches gilt für den 1999 verstorbenen Maurice Brandt, der die SAC-Führer Walliser Alpen (6 Bände), Waadtländer Alpen und Freiburger Voralpen bearbeitete.
Ritrovo di Neggia (nur für Gruppen und nur auf Bestellung)
Restaurants bei der Bergstation Alpe Foppa
Capanna Tamaro (am Höhenweg)
ÖV-Verbindungen auf die Alpe Neggia am besten über Tarifverbund Arcobaleno. Gleiches gilt, wenn ihr den Höhenweg vom Monte Tamaro zum Monte Lema gehen wolllt: Ab Miglieglia (Talstation der Seilbahn) gibt es zwei Alternativen mit dem Bus, je nach Uhrzeit.
Die Schweiz hat das beste System des öffentlichen Verkehrs – zumindest im Alpenraum. Ich habe selbst ein Halbtax-Abo (»Schweizer Bahncard«). Das Halbtax ist nicht nur in den Zügen, sondern auch in Bussen und vielen Bergbahnen gültig. Wer mehrere Tage im Wallis unterwegs ist, sollte gut nachrechnen – das Halbtax-Abo kann sich hier sehr schnell amortisieren! Zugegeben: Die Bahntickets sind nicht gerade preiswert, Parkplätze und Parkhäuser aber auch nicht.
Infos zu Preisen und Verbindungen:
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