Wanderung von Au auf die Kanisfluh, den schönsten Berg im Bregenzerwald
Was für ein wundervoller Berg – zurecht bezeichnete Walther Flaig die Kanisfluh als den schönsten Berg im Bregenzerwald. Tatsächlich ist die Kanisfluh aber weit mehr als ein einzelner Berg. Sie ist ein etwa 3 Km breites Massiv, das vier Gipfelpunkte trägt. Die Kanisfluh hat zwei Gesichter: Nach Norden eine gewaltige Wand, nach Südwesten eine grasige und weniger steile, trotzdem nur zum Teil begehbare Flanke.
Beginnen wir mit der Beschreibung der vier Gipfel im Westen. Hier ragt der mächtige Felsblock des Hohen Stoß, 1948 m, auf. Er ist durch den Hählesattel von der Holenke, 2044 m, dem Hauptgipfel der Kanisfluh getrennt. Über den Hählesattel führt der einzige einfache Anstieg auf die Kanisfluh. Weiter östlich folgt der Runde Kopf, 2014 m, der von der Holenke sehr eindrücklich aussieht. Der Grat wirft noch einen weiteren Gipfel auf, den Sonnenspitz, 1965 m. Von der Holenke ist er knapp rechts vom Runden Kopf gerade noch sichtbar (Bild ganz unten). Der Grat senkt sich dann zum Osteck. Hier bricht das Massiv unvermittelt senkrecht zur Bregenzer Ach ab. Gemeinsam mit der Mittagsfluh auf der anderen Seite bildet die Kanisfluh ein gigantisches Felsentor, zwischen Schnepfau und Au, durch das die Bregenzer Ach rauscht.

Bilder von der Kanisfluh
Die Kanisfluh ist weit mehr als die kurzen Anstiege vom Gasthaus Edelweiß oder von der Mellauer Bergbahn. Man muss das Massiv aus verschiedenen Richtungen und Blickwinkeln gesehen haben, um es zu begreifen. Dazu habe ich hier einige Bilder für euch.
Ihre Prachtseite und die beeindruckendste Ansicht zeigt die Kanisfluh nach Norden. Von der Station Sonderdach der Bergbahn von Bezau schaut man über Gopfberg und Schnepfegg hinweg zur Nordwand der Kanisfluh. Walther Flaig schrieb einst: »Wer die Kanisfluh nicht von Norden gesehen hat, der hat das Bregenzerwaldgebirge nicht gesehen.« Dem ist nichts hinzuzufügen.
Viel näher dran ist man auf der Schnepfegg beim Berghaus Kanisfluh oder etwas oberhalb, nahe der Wendelinkapelle. Dort entstand die folgende Aufnahme.

Aber auch von den anderen Seiten bietet die Kanisfluh ein schönes Bild. Nicht ganz so eindrucksvoll wie von Norden zeigt sich die Südseite der Kanisfluh, obwohl der Abschnitt zwischen Holenke und Sonnenspitz auch hier sehr, sehr steil ist. Im Beitrag Klippern – Schneeschuhtour im Bregenzerwald bei Damüls findet ihr das Bild in ähnlicher Form ohne den Hohen Stoß, dafür aber beschriftet.

Von Westen zeigt sich die Holenke, der Hauptgipfel, als formschöne Pyramide, wie hier vom Hochlicht bei Damüls. Man sieht auch von hier, dass die Südflanke sehr steil ist. Einen ähnlichen Blick gibt es jederzeit bei der Webcam der Bergstation Wildguntenbahn bei Mellau. Dort seht ihr auch, wie die aktuellen Schneeverhältnisse sind.

Nach Südosten, Richtung Au & Schoppernau, zeigt die Kanisfluh ein charakteristisches Pultdach, das aus dieser Perspektive ein wenig an die Ostschweizer Churfirsten erinnert.

Nochmals völlig anders präsentiert sich die Kanisfluh vom Diedamskopf. Aus dieser Perspektive fällt der Berg weniger auf, zumal direkt darüber der Säntis aufragt. Hier sieht man den Unterschied zwischen der felsigen Nordseite rechts und der Südseite aus Gras und Schrofen links.

Steinernes Monument im Bregenzerwald
Mit einer Höhe von 2044 m, zählt die Kanisfluh nicht zu den höchsten Bergen in Vorarlberg. Selbst im Bregenzerwaldgebirge reicht es gerade mal für die Top Ten. Eindrucksvoller ist die Höhendifferenz: Zwischen dem Gipfel und dem Talboden bei Schnepfau sind es mehr als 1300 Hm!
Nur die Holenke ist auf einem einfachen Wanderweg erreichbar. Alle anderen Gipfelpunkte bleiben erfahrenen Bergsteigern vorbehalten, die sich in sehr steilen Grashängen und auf ausgesetzten Graten sicher bewegen.
Schon als Kind stand die Kanisfluh auf meiner Wunschliste. In meiner freytag & berndt Wanderkarte 36 Bregenzer Wald war ein Weg auf die Kanisfluh eingezeichnet. Klar, dass ich da hoch wollte. Im Oktober 1995 war ich zum ersten Mal oben. Nun sollte es unbedingt im Frühjahr sein. Dieses Mal kamen mir im Anstieg immer wieder Wanderer entgegen, die zum Sonnenaufgang auf der Kanisfluh waren. Als ich den Gipfel um 9 Uhr erreichte, war ich dann eine Zeit lang ganz allein. Das sollte sich jedoch mit der Zeit ändern.

Wanderungen auf die Kanisfluh
Die allermeisten Wanderinnen & Wanderer starten am Parkplatz bei der Alpe Öberle oder bei der Bergstation der Bergbahn von Mellau. Geschätzt würde ich vermuten, dass dies über 90% sind. Die Straße zur Alpe Öberle und die Bergbahn von Mellau reduzieren die Anstiegszeiten zum Gipfel je nach Ausgangspunkt auf 1¾ – 2½ Std.
Beliebt ist auch ein Sonnenaufgang auf der Kanisfluh oder alternativ der Sonnenuntergang. Wer diese Momente erleben möchte, benötigt eine Stirnlampe.
Die Wanderwege von der Alpe Öberle und von der Bergbahn Mellau vereinigen sich am Gipfelaufbau unter dem Hählesattel. Ab hier gibt es nur diesen einen Weg. Die Wanderung zur Kanisfluh ist auch mit Kindern machbar, sofern sie einigermaßen berggewohnt und trittsicher sind.
Wie die aktuellen Schneeverhältnisse auf der Kanisfluh sind, seht ihr auf der Webcam der Bergstation Wildguntenbahn bei Mellau. Sie zeigt perfekt den Gipfelhang, über den der Wanderweg führt.
Die Kanisfluh ist auch als Blumen- und Edelweißberg bekannt. Achtung: Im Landschaftsschutzgebiet Kanisfluh besteht absolutes Pflückverbot für alle Pflanzen!
Was mir nicht mehr bewusst war: Der Blick von der Kanisfluh zum Bodensee ist perfekt. Nur von der Niederen Höhe bei Bezau ist die Sicht zum Bodensee vielleicht noch schöner. Oder vom Hochälpele?
Zuletzt: Wer von euch den Massenaufläufen entgehen möchte, sollte Wochenenden, Ferien, Feiertage & Brückentage meiden.
Wanderung von Au zur Alpe Öberle
Direkt bei der Bushaltestelle Au-Leue, 825 m, zweigt der Fahrweg Richtung Ahornenvorsäß rechts ab. An der nächsten Kreuzung wieder links halten und weiter auf der Straße zunächst neben dem Leuebach entlang, später in weitläufigen Kehren nach Ahornen Berggut, 987 m. Hier stößt von rechts der Anstieg von Au-Argenstein dazu. Weiterhin auf der Straße hinauf nach Ahornenvorsäß, 1126 m. Bereits hier habt ihr eine wunderbare Aussicht über das Talbecken von Au und Schoppernau und einen schönen Blick zur Kanisfluh.

Am oberen Ende der Alpsiedlung steht eine kleine Kapelle. Hier beginnt ein schöner Wanderweg, der durch eine zum Teil parkartige Landschaft führt. Bei der Alpe Feuerstein (Feursteinvorsäß) ist dieser Abschnitt zu Ende – es geht wieder auf einem breiten, aber wenigstens nicht geteerten Fahrweg weiter. Durch offenes Gelände gelangt ihr zum Alpengasthaus Edelweiß auf der Alpe Öberle, 1485 m. Genau über euch ziehen sehr steile Gras- und Schrofenhänge zu den Gipfeln der Kanisfluh empor. Man erkennt auch das Gipfelkreuz auf der Holenke. Da hinauf? Ja, aber zuerst einmal müsst ihr den Berg noch halb umrunden.
Wanderung vom Gasthaus Edelweiß zur Kanisfluh
Kurz vor der Alpe Öberle zweigt der Anstieg zum Gipfel rechts ab. Zunächst wieder durch eine parkartige Landschaft, umgeht der Weg die untersten Steilhänge des Berges. So gelangt ihr zu den beiden kurzen und mit Trittsicherheit problemlosen drahtseilgesicherten Passagen.
Anschließend wendet sich der Steig nach rechts und führt dann in einem Bogen hinauf in den Hählesattel, 1870 m (auch Hehlesattel).

Von hier ist die Hählekanzel (Hehlekanzel) in etwa 10 Min. auf einem schmalen und zuletzt sehr ausgesetzten Weglein erreichbar. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind zwingend erforderlich! Besonders eindrucksvoll ist der Blick auf den gewaltigen Felskoloss des Hohen Stoß.
Der Weiterweg zum Gipfel führt vom Sattel ohne Schwierigkeiten über den breiten Grat zum Gipfelkreuz auf der Kanisfluh, 2044 m.

Rundsicht von der Kanisfluh
Die Kanisfluh ist nicht nur einer der attraktivsten Berge im Bregenzerwald, auch die Aussicht ist fantastisch. Man überblickt den Bregenzerwald und weite Teile der Allgäuer Alpen (Nagelfluhkette, Großer Daumen, Diedamskopf, Hoher Ifen, Widderstein), dazu viele Gipfel im Lechquellengebirge (Hochkünzelspitze, Braunarlspitze, Zitterklapfen, Rote Wand, Zafernhorn) und Bregenzerwaldgebirge (Klippern, Damülser Mittagspitze, Hoher Freschen).

Aus der Ferne schauen im Süden Silvretta (Piz Linard, Litzner-Seehorn) und Rätikon (Sulzfluh, Drei Türme, Zimba, Schesaplana) herüber, von Südwesten Glarner Alpen und Alpstein (Altmann, Säntis). Die Rundsicht präsentiert einige sehr bedeutende Gipfel wie Tödi, Piz Kesch (Albula) und Hoher Riffler (Verwall).

Einmalig schön ist der Blick über das Hochälpele zum Bodensee. Hier steht ihr quasi auf der Achse des Sees. Man sieht viele Orte am deutschen Ufer (Lindau, Wasserburg, Langenargen, Friedrichshafen …). Weiter hinten liegt Konstanz, wo sich der See in Überlinger See und Untersee teilt. Zwei Tage vorher war ich auf der Hangspitze – dort ist man zwar näher dran, aber etwas weiter nach links gerückt.

Im Norden geht der Blick über die Winterstaude und den Vorderen Bregenzerwald zum Pfänder und weit ins schwäbische Alpenvorland hinaus. Den Horizont begrenzen die Höhen der Schwäbischen Alb.
Die Tiefblicke auf Mellau und Schnepfau sind eindrücklich. Die Kanisfluh überragt die Bregenzer Ach und beide Orte um mehr als 1300 Hm, bei einer Horizontaldistanz von nicht einmal 2 Km zwischen Gipfel und Talboden.

Um den Blick über den ausgesetzten Grat zum Runden Kopf voll und ganz genießen zu können, lohnt es sich, vom Gipfelkreuz noch ein paar Meter über den Grat zu gehen, bis er ziemlich steil abbricht. Vorsicht! Aber was für ein genialer Blick …
Ausgangs- und Endpunkt
Bushaltestelle Au-Leue an der Straße nach/von Damüls, kleiner Parkplatz (maximal 5 Fahrzeuge). Bus von Au nach Damüls (851).
Zeiten & Höhenmeter Au-Leue – Alpe Öberle 1¾ Std.
Alpe Öberle – Kanisfluh 1¼ Std.
Kanisfluh – Alpe Öberle 45 Min.
Alpe Öberle – Au-Leue 1½ Std.
1200 Hm, 560 Hm ab Alpe Öberle
Anforderungen & Jahreszeit T2, Trittsicherheit in zwei Passagen und am Gipfelgrat
Mai – November, wenn schneefrei
Kümmerly+Frey: 01 Bregenzerwald, 1:35 000, reißfest, inkl. Download Karte für Smartphone.
Kompass: 2 Bregenzerwald Westallgäu,1:50 000. Schöneres Kartenbild, leider nicht wasser- und reißfest.
Mayr, Herbert: Bregenzerwald, Hittisau – Bezau – Au – Damüls, Bergverlag Rother, München, 12. Auflage 2023. Enthält die Kanisfluh und viele weitere schöne Touren zwischen Hochhäderich & Hochtannberg.
Mayerhofer, Rudolf: Die schönsten Bergwanderungen in Vorarlberg, Löwenzahn, Innsbruck, 10. Auflage 2020. Mit Ausschnitten der ÖK (Österreichische Karte). Eine wahre Fundgrube!
Haltestelle Au-Leue an der Buslinie von Au nach Damüls (851).
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