Leichter 3000er im Ötztal
Eine Hütte in über 3000 Metern Höhe. Nach der Erzherzog-Johann-Hütte, 3451 m, in den Hohen Tauern und dem Brandenburger Haus, 3274 m, in den Ötztaler Alpen, ist die Hochstubaihütte, 3173 m, die dritthöchste Hütte in Österreich. Sie steht auf dem Gipfel der Wildkarspitze in den Stubaier Alpen, die zu den bekanntesten und flächenmäßig größten Gebirgsgruppen der zentralen Ostalpen zählen. Dabei ist die Wildkarspitze lediglich ein Vorgipfel. Schon markanter ist der Hohe Nebelkogel, der als Hausberg der Hochstubaihütte für erfahrene Bergwanderinnen & Bergwanderer einfach erreichbar ist.
Hochstubaihütte
Die Hochstubaihütte wurde 1938 eröffnet. Sie gehört der Sektion Dresden des DAV. Einer der Gründe für den Bau war der Verlust von vier Hütten in Südtirol und im Trentino, die nach dem 1. Weltkrieg dem CAI übergeben wurden. Die Sektion Dresden besitzt im Stubaital eine zweite Hütte, die Dresdner Hütte. Sie liegt im heutigen Skigebiet »Stubaier Gletscher«, den es tatsächlich gar nicht gibt. Dies ist schlicht ein Marketing-Begriff.
Früher einmal musste man von Sölden im Ötztal bis zur Hochstubaihütte mit einer Gehzeit von gut 6 Std. rechnen. Aber das ist schon lange vorbei. Im Sommer fährt ein Wanderbus ins Windachtal. Das verkürzt den Aufstieg nicht nur zur Hochstubaihütte, auch die anderen AV-Hütten (Brunnenkogelhaus, Siegerlandhütte, Hildesheimer Hütte) profitieren davon. Ob ihr beim Gasthaus Fiegl oder bei der Kleblealm startet, spielt auf den ersten Blick keine große Rolle. Beide liegen etwa auf gleicher Höhe. Bis zur Vereinigung der beiden Wege auf ca. 2330 m ist der Zeitbedarf etwa gleich. Interessant wird es beim Blick auf die Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Busse: Wer beim Fiegl startet, gewinnt morgens 15 Min. und wer die Tour beim Fiegl beendet, gewinnt sogar 30 Min. Macht insgesamt 45 Min. Zeitgewinn. Es lohnt sich also, darüber nachzudenken, wo ihr startet und wo ihr die Tour beendet. Wer beim Fiegl startet, ist zudem morgens länger im Schatten unterwegs. Aus diesen Gründen starte ich lieber beim Fiegl.
Alpine Bergwanderung zur Hochstubaihütte
Die Bergwanderung zur Hochstubaihütte ist sehr abwechslungsreich mit ausgesprochen alpinem Charakter. Der Anstieg zur Hütte und zum Hohen Nebelkogel ist gletscherfrei. Die Tour ist aber nur für Fitte und Erfahrene geeignet. Es sind 1250 Hm zu überwinden und oberhalb der Laubkarseen ist der Anstieg im Block- und Schuttgelände zum Teil mühsam und anstrengend. Auch der kurze Grat zum Hohen Nebelkogel ist nicht wirklich schwierig, mit T4 aber noch etwas anspruchsvoller.
Auf diesem Beitragsbild seht ihr den letzten Abschnitt zum Gipfel.
Die Hochstubaihütte ist allein schon ein lohnendes Ziel mit einer tollen Rundsicht. Vom Hohen Nebelkogel ist die Rundsicht noch umfassender, er darf zu den schönsten Aussichtsbergen im Ötztal gezählt werden.
Eines ist jedoch ein Muss: Ein früher Aufbruch. Allein schon deshalb, um den letzten Bus nach Sölden nicht zu verpassen. Und schließlich möchtet ihr bestimmt auch gerne etwas länger auf diesem schönen Aussichtsberg sitzen und die Rundsicht genießen. Oder nicht?
Ein unvergesslicher Tag
An den Bildern erkennt ihr, dass ich einen absoluten Traumtag hatte. Wie von den Wetterfröschen versprochen, blies in den Hochlagen ein kalter und kräftiger Nordwestwind. Die Sonne schien, aber der Wind machte aus einem sonnigen und warmen Tag einen eher ungemütlichen. So war es zunächst.
Auf dem Plateau rund um die Hochstubaihütte blies der Wind dann immer kräftiger und ich stellte mich schon mal auf eine Gipfelrast mit Mütze und dicker Jacke ein. Es sollte ganz anders kommen. Am Gipfel nämlich die große Überraschung: Es war warm und in der Gipfelmulde am Kreuz war der Wind kaum zu spüren. Hinter einem Steinbau war es sogar völlig windstill und ich brauchte weder Mütze noch Jacke. Über zwei Stunden konnte ich Rundsicht und Sonne genießen, Schleierwolken verzierten den Himmel in schönster Weise. Kann man solche Augenblicke nicht als vollkommenes Glück bezeichnen? Unvergesslich.
Später gab’s auf der Hochstubaihütte noch meine persönlichen Klassiker: Apfelstrudel und Schiwasser. Dazu einen Kaffee auf der Südterrasse in der Sonne. Auch hier war vom Wind nichts zu spüren. Mehr als eine Stunde bin ich geblieben. Später saß ich noch am Unteren Laubkarsee, in dem sich die Sonne spiegelte. Den Bus auf der Kleblealm habe ich natürlich nicht mehr erreicht. Das war mir egal, ich wollte meinen Rhythmus gehen, genießen, stehen bleiben und fotografieren, wann ich es will. Auch wenn ich dann noch bis Sölden absteigen musste.
Ihr möchtet keine so lange Tour gehen, aber dennoch einen ebenso schönen Bergtag erleben? Der Untere Laubkarsee ist ein wunderbarer Platz zum Träumen und Genießen. Die Tour dauert insgesamt ca. 4 Std., bei 720 Hm und erfordert im Schlussanstieg zum See Trittsicherheit, T3.
Hochstubaihütte – Wolkenhaus in den Stubaier Alpen
Beim Gasthaus Fiegl, 1965 m, beginnt der Anstieg, der zunächst alle drei Gipfelalternativen vereint (Söldenkogel, Hochstubaihütte Normalweg, Hochstubaihütte Himmelsleiter). Bereits nach ca. einer Viertelstunde biegt der Weg zur Himmelsleiter rechts ab. Der Normalweg zur Hochstubaihütte quert die abschnittsweise steilen Wiesenhänge unter dem Nebelkogel bis auf ca. 2330 m von links der Weg von der Kleblealm einmündet. In der AV-Karte wird die Örtlichkeit als »Marblbödele« bezeichnet.
Auf 2415 m, zweigt nach links der Steig zum Söldenkogel ab – ebenfalls ein lohnender Aussichtsgipfel. Der Steig durchquert das Laubkar und steigt zuletzt über eine steilere Stufe hinauf zum Unteren Laubkarsee, 2681 m. Was für ein schöner Platz! Wie viele andere Bergseen schenkt auch dieser hochgelegene See wundervolle Bilder. Vom nördlichen Ufer habt ihr einen wunderbaren Blick über den See zu den Ötztaler Alpen. Mal ehrlich: Hier wird bestimmt eine etwas längere Fotosession fällig. Oder vielleicht besser nachmittags bei Gegenlicht mit den Spiegelungen auf dem Wasser?
In einem kurzen Anstieg erreicht ihr einen kleinen Sattel, der in der AV-Karte als Laubkarscharte, 2760 m, bezeichnet wird. Hier öffnet sich zum ersten Mal der Blick nach Norden auf die wilden Gipfel im Sulztalkamm und den Geigenkamm jenseits des Ötztals. Knapp unterhalb träumt der Obere Laubkarsee versteckt vor sich hin. In den Durrnkarlen liegen noch weitere kleine Seen, die keinen Namen haben. Bilder, die man nie vergisst.
Es folgt eine Querung Richtung Ost mit minimalem Höhenverlust. Um ein Eck herum geht’s dann in ein blockgefülltes Kar. Ab hier wird es mühsamer, aber die alpine Umgebung ist einfach grandios. Eine steile Stufe führt uns über einen Gratausläufer des Hohen Nebelkogels in das nächste Blockkar. Über viele Gneisblöcke führt der Steig anstrengend, aber immer bestens markiert auf einen kleinen Sattel und von hier über den Rücken rasch zur Hochstubaihütte auf der Wildkarspitze, 3173 m.
Die Rundsicht ist bereits von hier sehr schön und hochalpin. Blickfang ist der Wütenkarferner im Osten, über dem der Windacher Daunkogel und die mächtige Warenkarseitenspitze aufragen. Richtung Norden zieht der wild gezackte Grat der Wütenkarspitzen zur Wilden Leck. Auch nach Westen ist der Blick frei zu den Ötztaler Alpen mit der Wildspitze. Nach Süden beherrscht der Hohe Nebelkogel das Bild.
Hoher Nebelkogel
Über das flache Plateau erreicht ihr rasch den Sattel zwischen dem Hohen Nebelkogel und der Warenkarseitenspitze. Hier kommt der steile Weg über die Himmelsleiter herauf. In alten Alpenvereinsführern ist auf diesem Abschnitt von einer kurzen Gletscherquerung die Rede. In der heutigen Zeit gibt es nur noch ein paar Schneefelder, die sich den Sommer über auf dem hohen Plateau halten.
Der Grat Richtung Gipfel ist zu Beginn ganz einfach, wird dann aber etwas schmäler. Wie so oft sieht es schwieriger aus, als es tatsächlich ist. Zwar sind wenige ausgesetzte Stellen dabei und ein paar leichte Kletterschritte sind nötig, wirklich schwierig ist es aber nicht. Relativ schnell ist die nette Turnerei über den Grat beendet und man steht am breiten Gipfel des Hohen Nebelkogels, 3211 m, mit großem Gipfelkreuz und vielen, zum Teil sehr großen Steinmännern.
Rundsicht vom Hohen Nebelkogel
Die Rundsicht ist im Vergleich zur Hochstubaihütte nochmals erweitert. Aber klar, denn schließlich verstellt ja der soeben bestiegene Gipfel die Aussicht von der Hütte Richtung Süden fast komplett. Zur Rundsicht kommen die Ötztaler Alpen südlich des Ramolkamms dazu. Der Blick geht weit über den Brunnenkogelkamm hinaus nach Südtirol. Bei klarem Wetter bis zu den Dolomiten. Und dann zeigt sich auch noch das Zuckerhütl, der höchste Berg der Stubaier Alpen mit seinen Trabanten.
Ausgangs- und Endpunkt
Gasthaus Fiegl im Windachtal. Erreichbar mit dem Wanderbus ab Sölden oder in 2 Std. zu Fuß. Alternativ Kleblealm.
Zeiten & Höhenmeter
Gasthof Fiegl – Unterer Laubkarsee 2 Std.
Unterer Laubkarsee – Hochstubaihütte 1½ Std.
Hochstubaihütte – Hoher Nebelkogel 30 Min.
Hoher Nebelkogel – Hochstubaihütte 20 Min.
Hochstubaihütte – Unterer Laubkarsee 1 Std.
Unterer Laubkarsee – Gasthof Fiegl 1¾ Std.
1250 Hm
Anforderungen & Jahreszeit
T3+ zur Hochstubaihütte, Trittsicherheit in den Blockfeldern
T4 zum Hohen Nebelkogel, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit
Mitte Juli bis Mitte September, Öffnungszeiten Hochstubaihütte beachten!
Alpenvereinskarte: 31/1 Stubaier Alpen – Hochstubai, 1:25 000. Beste und schönste Karte für die Bergwelt rund um das Windachtal.
freytag & berndt: 251 Ötztal – Pitztal – Kaunertal – Wildspitze, 1:50 000. Kleiner Maßstab, sehr schönes Kartenbild.
Kümmerly+Frey: 6 Ötztal, 1:50 000. Ebenfalls kleiner Maßstab, dafür reißfest, inkl. Download Karte für Smartphone.
Zahel, Mark: Ötztal, Oetz – Umhausen – Längenfeld – Sölden – Vent – Obergrugl, Bergverlag Rother, München, 2. Auflage 2022. Enthält die Überschreitung der Hochstubaihütte mit Aufstieg über die Himmelsleiter. Sehr empfehlenswert!
Klier, Walter: Alpenvereinsführer Stubaier Alpen, Bergverlag Rother, München, 14. Auflage 2013. Wer sich für die unbekannten Gipfel der Stubaier Alpen interessiert, kommt am legendären Alpenvereinsführer nicht vorbei.
Das Berggasthaus Fiegl ist ab Sölden mit dem Wanderbus erreichbar (Linie 54 Windach). Im gesamten Ötztal ist der ÖV gut bis sehr gut ausgebaut. Mittlerweile passt auch der Anschluss an den ersten Bus ins Windachtal ab den Dörfern talabwärts (Längenfeld, Umhausen, Oetz: Linie 320). Das war zumindest bis 2021 nicht der Fall.
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