Wanderung auf zwei Gipfel über Linthebene und Walensee
Ihr sucht eine leichte Tour für den Mai mit viel Aussicht? Dann solltet ihr euch vielleicht das Duo Hirzli & Planggenstock etwas näher anschauen. Sie liegen im Kanton Glarus in der Ostschweiz und sind die nördlichsten Ausläufer der Glarner Alpen. Beide Gipfel lassen sich direkt vom Bahnhof Niederurnen besteigen und überschreiten. Wer es weniger anstrengend mag, fährt mit der Seilbahn nach Morgenholz und kann so den Anstieg quasi halbieren.
Das Niederurner Täli allein ist schon einen Besuch wert. Es trennt unser Gipfelduo von der Brüggler-Kette und bietet ein voralpines Ambiente, das besonders während der Blüte im Mai zur Geltung kommt. Früher im Jahr ist der Grat zwischen Hirzli und Planggenstock meist nicht ratsam.
Wenn euch der Grat zum Planggenstock zu ausgesetzt ist, spielt das keine Rolle, denn das Hirzli ist auch für sich schon eine sehr lohnende Wanderung. Die Aussicht vom Gipfel ist wunderschön, auch wenn im Süden die höheren Gipfel der Glarner Alpen wie Rautispitz, Glärnisch und Chöpfenberg die Sicht etwas einschränken.
Das Hirzli ist auch von Bilten in der Linthebene erreichbar, ebenfalls auf einem markierten Bergweg. Hier gibt es jedoch keine Möglichkeit, die Tour und den Höhenunterschied von 1230 m abzukürzen. Natürlich ist auch eine Kombination der beiden Anstiege möglich, von Bilten nach Niederurnen oder umgekehrt. Die Rückkehr ist mit dem ÖV problemlos zu machen.
Oberseegruppe
Hirzli & Planggenstock bilden die erste Gipfelwoge der Glarner Alpen. Sie sind Teil der Oberseegruppe, einer der interessantesten Berggruppen in den Schweizer Voralpen. Ihren Namen hat dieses kleine Bergparadies, das sich die Kantone Glarus im Osten und Schwyz im Westen teilen, vom idyllisch gelegenen Obersee. Die Berge umstellen den kleinen See wie ein Schutzwall. Der Name für die Gruppe könnte nicht treffender sein.
Die Oberseegruppe wird im Osten durch das Linthal, im Süden durch das Klöntal, und im Westen durch das Wägital begrenzt. Nach Norden fallen die Gipfel rasch zur Linthebene ab. Hier befinden sich mit Hirzli & Planggenstock zwei vorzügliche Aussichtsgipfel. Nimmt man die leichte Erreichbarkeit als Kriterium, dann zählt das Hirzli zu ersten Garnitur der Wandergipfel in der Schweiz.
Höchster Berg der Gruppe war bis vor einiger Zeit der Mutteristock. Mittlerweile billigt Swisstopo dem benachbarten Redertenstock die exakt selbe Höhe zu.
Der vielleicht schönste Berg der Gruppe ist der Zindlenspitz, den ich vor vielen Jahren mal im November bestiegen habe. Beeindruckend ist auch der gewaltige Rautispitz, der sich mehr als 1800 m über Netstal aufbaut. Von der anderen Seite, vom Oberseetal, ist er dennoch sehr einfach zu besteigen. Sehr populär vor allem bei Kletterern ist das Bockmattli. Aber auch für Bergwanderinnen & Bergwanderer ist es ein lohnendes Ziel.
Berge aus Nagelfluh
Hirzli & Planggenstock bestehen aus Nagelfluh. Dies unterscheidet sie deutlich von der Brüggler-Kette, der zweiten Kette der Oberseegruppe, die aus Kalkgesteinen aufgebaut ist. Bekanntes Beispiel in Deutschland ist die nach dem Gestein benannte Allgäuer Nagelfluhkette.
Nagelfluh ist ein Sedimentgestein der voralpinen Molasse, das nicht den Alpen, sondern dem Alpenvorland zugerechnet wird. Charakteristisch für Nagelfluh sind die zu einem Konglomerat verbackenen Kieselsteine, die wie Nägel aussehen und dann gebänderte Felsflanken bilden. Besonders im Frühling ergibt das ein schönes Bild, wenn zwischen den Felsbändern noch Schnee liegt. Das Beitragsbild oben illustriert das sehr anschaulich.
Die gebänderten Flanken sind jedoch nur auf der Nordseite ausgebildet. Weniger attraktiv sehen beide Gipfel von Süden aus: steile, größtenteils bewaldete Flanken, wie das Bild vom Fridlispitz zeigt.
In den Schweizer Voralpen gibt es viele Berge aus Nagelfluh. Die beiden bekanntesten sind wohl die Rigi in der Zentralschweiz und der Speer, der höchste Nagelfluhberg Europas. Letzter ist nicht weit von hier entfernt. Jenseits der Linthebene herrscht er über ein paar weitere, zum Teil sehr zackige Gipfel aus Nagelfluh (Federispitz, Chüemettler). In einem längst vergangen Erdzeitalter dürften Federispitz und Hirzli eine gemeinsame Bergkette gewesen sein.
Innovativer Tourismus im Glarnerland
Glarus ist zwar ein echter Bergkanton, die Menschen dort haben jedoch den Ruf, nicht verschlossen, sondern offen und innovativ zu sein. Das gilt auch für den Tourismus im Glarnerland, wo man neue Wege geht: Ab zwei Übernachtungen bekommt man die Anreise mit dem ÖV geschenkt (vom Ausland ab der Grenze). Das Angebot ist aktuell bis zum 30. April 2025 befristet.
Auch sonst hat man im Kanton Glarus interessante Ideen, die sich oft von den üblichen Trends unterscheiden. Glarus Nord – Walensee Tourismus gewährt mit dem Besucherprogramm »Industriespionage« Touristen einen Einblick in die Glarner Industriekultur. Glarus hat schweizweit die höchste Quote an Beschäftigten in der Industrie. Mit Witz und Charme ist der kleine Bergkanton spannender als manch bekannte Destination.
In diesem Jahr 2024 wird zudem ein für den Kanton sehr wichtiges Ereignis standesgemäß gefeiert: 200 Jahre Erstbesteigung Tödi.
Wanderung zum Hirzli
Vom Bahnhof Niederurnen, 427 m, den Markierungen folgend durch den Ort zur Talstation der Seilbahn nach Morgenholz. Der Weg führt neben dem stark verbauten Dorfbach entlang, der dem Dorf Niederurnen schon so manches Hochwasser bescherte. Der Ziehweg taucht dann in den Wald ein. Er ist nicht zu verfehlen, aber mitunter ziemlich steil. Kurz nachdem man aus dem Wald tritt, ist die Bergstation Morgenholz, 983 m, erreicht.
Von hier über den Dorfbach und in vielen Kehren auf breitem Alpweg zur Hütte auf Schwiifärch, 1774 m (früher Schwinfärch). Der Weg quert von hier aufwärts in die Hirzli-Südflanke. In vielen Kehren durch ein großes Aufforstungsgebiet, erreicht man die Grathöhe knapp unter dem Gipfel. Nun noch kurz rechts hinauf zum Gipfelkreuz auf dem Hirzli, 1640 m.
Rundsicht vom Hirzli
Highlight der Rundsicht ist zweifellos der Walensee, der genau im Osten liegt. Über dem nördlichen Ufer steigen die Churfirsten ansatzlos in die Höhe. Daran schließen sich links die Berge um Mattstock und Speer an. Hinter den Walensee sieht man die Alviergruppe und den Rätikon. Weiter rechts dominiert der gewaltige Mürtschenstock die Flumserberge und das flache Plateau des Schilt.
Im Süden beeindrucken die Glarner Alpen, die je weiter südlich immer höher werden und schließlich im Glärnisch-Massiv kulminieren. Weiter rechts erspäht man zwischen Chöpfenberg und Planggenstock ein paar Berge der Zentralschweiz (Pilatus, Gross Aubrig, Rigi). Direkt vor uns zieht der Grat in westlicher Richtung zum Planggenstock. Von hier lässt sich bereits einschätzen, ob der Grat machbar ist.
Im Nordhalbrund geht der Blick über die Linthebene zum Zürichsee und den flachen Kuppen im Zürcher Oberland, an die sich rechts Hügel zwischen Ricken und Speer anschließen (Regelstein, Tanzboden).
Überschreitung zum Planggenstock
Vom Hirzli wieder bis zum Wegweiser und am breiten Graskamm in den tiefsten Sattel, 1574 m, zwischen den beiden Gipfeln. Der Weg folgt immer dem Grat, der zum Planggenstock schmäler wird. Dabei sind einige gesicherte Passagen zu überwinden. Zuletzt erreicht man durch eine gesicherte Rinne das Gipfelkreuz auf dem Planggenstock, 1675 m.
Der Pfad ist an sich nicht schwierig, aber zum Teil recht ausgesetzt. Bei Schnee oder Nässe würde ich euch davon abraten. Ein Sturz könnte hier böse Folgen haben. Wem der Grat zu riskant ist, kann den Planggenstock auch südlich umgehen. Das kostet einen Höhenverlust von 110 m und einen Umweg von ca. 30 Min. Man erreicht den Planggenstock durch die Südflanke und über den Südwestgrat wie im Abstieg beschrieben. Das habe ich selbst auch schon so gemacht.
Die Aussicht vom Planggenstock ist der vom Hirzli natürlich ähnlich, bietet aber einen freieren Ausblick nach Westen zum Zürichsee und zu den Bergen der Zentralschweiz (Großer Mythen, Gross Aubrig, Rigi).
Abstieg nach Morgenholz
Vom Planggenstock kurz am Südwestgrat hinab, bis der Bergwanderweg in die steile Südflanke hinein quert. Mit vielen Kehren geht’s rasch hinab zur Alp Ober Planggen, ca. 1435 m. Von hier weiterhin teilweise steil hinab zu einer Verzeigung bei Tierweg, ca. 1175 m. Hier rechts haltend auf einem Wirtschaftsweg ins Niederurner Täli und am Bergrestaurant Hirzli, 1062 m, vorbei zur Bergstation Morgenholz.
Ausgangs- und Endpunkt
Niederurnen ist verkehrstechnisch bestens gelegen: Bahn ab Zürich und Ziegelbrücke (736). Direkter Autobahnanschluss (A3/A17). Luftseilbahn von Niederurnen nach Morgenholz (2825).
Zeiten & Höhenmeter
Niederurnen – Morgenholz 1¾ Std.
Morgenholz – Hirzli 1¾ Std.
Hirzli – Planggenstock 30 Min.
Planggenstock – Morgenholz 1½ Std.
Morgenholz – Niederurnen 1¼ Std.
1320 Hm, ab Niederurnen (nur Hirzli 1220 Hm)
760 Hm, ab Morgenholz (nur Hirzli 660 Hm)
Anforderungen & Jahreszeit
T3, beim Übergang Trittsicherheit, nicht bei Schnee, nur Hirzli T2
Mitte Mai bis zum ersten großen Schneefall
Swisstopo 50, 236 T Lachen , als Karte mit eingetragenen Wanderwegen, ist dies die erste Wahl.
Swisstopo 25, 1133 Linthebene.
Swisstopo-App für Smartphone und Tablet.
Infos und Blattschnitte bei Swisstopo.
Beerli-Kaufmann, Verena & Werner: Glarnerland – Amden / Walensee, Baeschlin, Glarus, 2004. Liebevoll gestalteter, von »Locals« geschriebener Wanderführer. Mit vielen Touren und interessanten Hintergrundinfos. Topp!
Niederurnen liegt an der Bahnlinie durchs Glarnerland Ziegelbrücke – Linthal (736) und somit im S-Bahn-Bereich von Zürich. Luftseilbahn nach Morgenholz (2825).
Luftseilbahn Niederurnen–Morgenholz, Prospekt mit Angeboten und Informationen im Niederurner Täli zum Download
Die Schweiz hat das beste System des öffentlichen Verkehrs – zumindest im Alpenraum. Ich habe selbst ein Halbtax-Abo (»Schweizer Bahncard«). Das Halbtax ist nicht nur in den Zügen, sondern auch in Bussen und vielen Bergbahnen gültig. Die Bahntickets sind nicht gerade preiswert, Parkplätze und Parkhäuser aber auch nicht.
Infos zu Preisen und Verbindungen:
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