In der Rieserfernergruppe
Im äußersten Nordosten von Südtirol, an der Grenze zu Österreich, liegt die Rieserfernergruppe. Sie ist eine kleine Gebirgsgruppe und zählt geographisch zu den Hohen Tauern. Wie in den meisten Berggruppen der Zentralalpen, gibt es auch in der Rieserfernergruppe leichte 3000er. Die Dreieckspitze, ist einer davon. Der Anstieg von den Kofler Seen zählt zu den schönsten Touren auf einen leichten 3000er in Südtirol und in den Ostalpen. Die Rieserfernergruppe weist noch immer einige Gletscher auf, insbesondere der Rieserferner, nach dem die Gruppe benannt ist. Das Fernerköpfl über dem Rieserferner ist ein weiterer leichter 3000er im Ahrntal.
Ausgangspunkt für die Dreieckspitze ist das Reintal. Es zweigt bei Sand in Taufers vom Tauferer Tal in nordöstlicher Richtung ab. Die einzige größere Siedlung ist Rein in Taufers. Es gibt keinen Durchgangsverkehr und der Ort wirkt noch ursprünglich und naturbelassen. Rein in Taufers ist als Zentrum für nordischen Skisport bekannt und besitzt einen Biathlon-Schießstand. Es gibt lediglich zwei kleine Skilifte. Nicht weit von hier ist der bekannte Extrembergsteiger Hans Kammerlander zu Hause.
Vergessene Trabanten
Neben populären Bergen mit markiertem Anstiegen werden die anderen Gipfel ringsum kaum beachtet. Die so genannten »Trabanten« haben es schwer, ihnen fehlt oft das Renommee, um wahrgenommen zu werden. Sie bieten aber die Einsamkeit und Stille, die man auf den populären Nachbarn nicht immer findet. So ist es auch hier: Während die Dreieckspitze in der Hochsaison einigermaßen häufig bestiegen wird, dabei jedoch alles andere als überlaufen ist, wird der Bärenluegspitz nur ganz selten besucht. Es sind vor allem Einheimische, die hier hinauf steigen. Keine Markierung, nur Wegspuren und auch kein Dreitausender. So ist man am Bärenluegspitz meist allein unterwegs. Der Name ist wohl ein Hinweis darauf, dass es hier früher mal Bären gegeben hat. Wenn ihr einigermaßen fit seid, könnt ihr beide Gipfel an einem Tag besuchen.
Ihr sucht eher eine einfache und kurze Tour? Dann sind die Kofler Seen genau richtig. Von dort habt ihr einen tollen Blick auf den Schneebigen Nock. Der Platz ist perfekt für Genießer und Träumer. Der Anstieg dauert ca. 2½ Std. bei ca. 890 Hm, T2.
Naturpark Rieserferner-Ahrn
Die Dreieckspitze und die Kofler Seen liegen im Naturpark Rieserferner-Ahrn. Er ist einer von insgesamt sieben Naturparks in Südtirol. Er grenzt an den Nationalpark Hohe Tauern Hochgebirgsnaturpark Zillertaler Alpen, beide in Österreich. Mit einer Fläche von 2530 km2 bilden die drei Schutzgebiete den größten Schutzgebietsverbund Europas. Ein Besuch im Naturparkhaus in Sand in Taufers lohnt sich unbedingt. Der Eintritt ist frei. Öffnungszeiten beachten!
Die Landschaft im Naturpark Rieserferner-Ahrn gehört zu den schönsten in ganz Südtirol und wenn ihr nicht gerade am Wochenende oder im August kommt, werdet ihr kaum einmal viele Bergwanderer treffen. Auch nicht rund um die Kofler Seen.
Das Konzept der Naturparks in Südtirol
Für das Land Südtirol sind Naturparks »von besonderem Wert für die Erhaltung von Natur und Landschaft, die Forschung sowie die Sensibilisierung und Umweltbildung. Sie bieten zahlreiche Möglichkeiten für einen direkten und respektvollen Umgang mit der Natur«. Zu den Grundsätzen zählen der Schutz und der Erhalt der Vielfalt der alpinen Bergwelt mit ihren Lebensräumen, Pflanzen und Tieren. Gleichzeitig soll bei Besucherinnen & Besucher ein tieferes Verständnis für die Natur geweckt werden. Dauersiedlungen können nicht Teil eines Naturparks sein und abgesehen von Alm- und Forstwirtschaft in nachhaltiger Form, sind in den Parks sämtliche Arten von Bautätigkeiten untersagt. In den Naturparks sind zwar einige Verhaltensregeln zu beachten, im Gegensatz zu den strengen Vorschriften wie bspw. im Schweizer Nationalpark, gestatten die Naturparks Besucherinnen & Besuchern ansonsten weitgehende Bewegungsfreiheit.
Dreieckspitze
Vom Knuttental, ca. 1690 m, zunächst auf einer asphaltierten Straße Richtung Ebnerhof. Ihr seid mit dem ÖV unterwegs und startet in Rein, ca. 1550 m? Dann folgt ihr der Wegmarkierung Nr. 9 in Richtung Knuttenalm bis ihr den Fahrweg zwischen Knuttental und Ebnerhof erreicht. Dort rechts Richtung Ebnerhof und an diesem vorbei, bis kurz hinter einer Spitzkehre der markierte Pfad lins abzweigt (8A, Arthur-Hardegen-Weg).
Durch wunderschönen Lärchenwald, oft vorbei an fast ebenso schönen Holzzäunen, steigen wir in einem großen Bogen zur Unteren Kofleralm, 2034 m. Von hier geht’s auf sehr schönem Pfad in einer langen Querung zur Terrasse der Oberen Kofleralm, 2192 m, hinauf. Einige Minuten vor den Hütten zweigt der Pfad zu den Seen und zur Dreieckspitze links ab. Es folgt eine herrliche Weidelandschaft, mit mäandrierenden Bergbächen und die immer wieder schöne Ausblicke auf die Bergwelt um den Rieserferner schenkt. In einer Mulde liegen die Kofler Seen, 2439 m, und träumen vor sich hin. Weiter oberhalb, auf einer Stufe unter dem Stutennock liegen noch weitere kleine Seen, die zwar weglos, aber ohne Probleme zu erreichen sind.
Ein wenig oberhalb der Seen verzweigen sich die Wege, unserer führt rechterhand auf die Blockhalden unter dem Sosseneck zu. Der Pfad wir schon bald steiler und passiert die ersten Blockfelder. Im Rasenhang oberhalb wird das Gelände noch steiler und der Pfad steigt Kehren hinauf in eine steinige Mulde, quert diese und erreicht über einen kurzer Hang die Bärenluegscharte, 2848 m. Auf der anderen Seite der Scharte breitet sich ein riesiges Geröllfeld aus – nur Steine, wohin man auch schaut.
Aus der Scharte quert ihr das bisweilen etwas mühsame Blockfeld unter dem Bärenluegspitz. Steigspuren und Steinmänner helfen euch dabei. Der Sattel, 2874 m, im Südostgrat der Dreieckspitze ist der nächste Fixpunkt. Ab hier geht’s über den breiten Südostgrat auf zum Teil großen Blöcken einfach zum großen Gipfelkreuz auf der Dreieckspitze, 3031 m. Über den Gipfel verläuft die Grenze zu Österreich.
Die Rundsicht reicht sehr weit und präsentiert im Süden und Osten die Gipfel der Rieserfernergruppe und der Venedigergruppe. Hinter der Durreckgruppe erhebt sich der Hauptkamm der Zillertaler Alpen. Das Bild hat bei mir den nachhaltigsten Eindruck der Rundsicht hinterlassen. Es erinnerte mich sehr an die Südseite Berner Alpen, wie man sie von den Gipfeln der Walliser Alpen bewundern kann. Das Beitragsbild ganz oben illustriert dies ganz wunderbar.
Links hinter dem Durreck schaut die Wildspitze in den Ötztaler Alpen hervor und noch weiter links über dem Reintal bilden die Gipfel der Ortlergruppe den Horizont. Tiefblicke fehlen fast völlig und man fühlt sich hier oben fast schon ein wenig weltentrückt. Vielleicht auch deshalb, weil keine einzige menschliche Siedlung zu sehen ist …
Für den Abstieg gibt es eine Alternative über Klammlsee und Knuttenalm. Den Weg kenne ich nicht und kann daher nichts dazu sagen. Er dürfte aber kaum schwieriger sein als der Anstieg von den Kofler Seen. Wenn ihr euch unsicher seid, steigt ihr am besten über den bekannten Weg zurück. Oder ihr besucht auch noch den einsamen, etwas anspruchsvolleren Nachbargipfel.
Bärenluegspitz – Der einsame Nachbar
Von der Bärenluegscharte steigt ihr über Gletscherschliffplatten in südlicher Richtung auf. Aufmerksame Bergwanderinnen & Bergwanderer finden bereits hier ab und zu kleine Steinmänner, die den »richtigen Weg« weisen. Am besten so lange über den breiten Rücken aufsteigen, bis große und fast senkrechte Felsen diesen versperren. Hier quert ihr am besten ein Stück weit nach rechts in die Flanke hinein. Sobald es das Gelände erlaubt, ist es besser, wieder zur Grathöhe zurückzukehren. Anschließend folgt ihr dem Grat bis zum Vorgipfel, zum Schluss über einige leichte Stufen, bei denen schon mal die Hände zum Einsatz kommen können. Vom Vorgipfel geht’s über Blöcke noch kurz in einen kleinen Sattel hinab und auf der anderen Seite wieder hinauf zum Bärenluegspitz, 2960 m. Einige Steinmänner zieren die Gipfelhochfläche. Die Rundsicht reicht natürlich nicht so weit, wie die von der höheren Dreieckspitze, dafür gibt’s von hier einen schönen Tiefblick auf die Kofler Seen.
Der Abstieg zur Scharte erfolgt auf derselben Route. Ich rate dringend davon ab, die steilen Schutthalden für den Auf- oder Abstieg zu nutzen, auch wenn es für manche von euch einfacher aussehen mag. Das ist nur etwas für Profis! Der hier beschriebene Anstieg ist die beste und sicherste Alternative.
Ausgangs- und Endpunkt
Rein in Taufers, erreichbar von Sand in Taufers auf einer gut ausgebauten Straße. Sehr gute Busverbindung ab Sand in Taufers (Linie 452). Infos unter »ÖV«. Wenn ihr mit dem Pkw anreist, startet ihr beim Parkplatz am Eingang ins Knuttental (ausgeschildert, zum Teil schmale Bergstraße). Dann sind ca. 140 Hm und ca. 30 Min. weniger einzuplanen.
Zeiten & Höhenmeter
Rein in Taufers – Kofler Seen 2½ Std.
Kofler Seen – Dreieckspitze 2 Std.
Dreieckspitze – Kofler Seen 1½ Std.
Kofler Seen – Rein in Taufers 1½ Std.
Bärenluegscharte – Bärenluegspitz ca. 45 Min. hin und zurück
890 Hm Kofler Seen
1480 Hm Dreieckspitze
120 Hm Bärenluegspitz zusätzlich
Anforderungen & Jahreszeit
Kofler Seen T2
Dreieckspitze T3, Trittsicherheit im Blockgelände
Bärenluegspitz T4, Bergerfahrung im weglosen Alpinwandergelände!
Juli bis Ende September (nordseitige Anstiege!)
Tabacco: 035 Ahrntal – Rieserferner Gruppe, 1:25 000. Die wohl beste Karte für die Dreieckspitze.
Kompass: 82 Tauferer Ahrntal, 1:50 000. Kleinerer Maßstab, dafür reißfest.
Die 25er von Kompass 082 Ahrntaler Berge gibt es leider nur als Papierkarte, die beidseitig bedruckt ist. Um beide Seiten nutzen zu können, muss die Karte komplett geöffnet werden. Das ist unhandlich und unpraktisch, vor allem bei Wind oder Schlechtwetter. Daher keine Empfehlung.
Hüsler, Eugen E.: Tauferer Ahrntal mit Pfunderer Bergen, Rother, München, 7. Auflage 2023. Der »Klettersteigpapst« präsentiert viele weitere interessante Bergwanderungen im Ahrntal. Sehr empfehlenswert.
Beikircher, Werner: Alpenvereinsführer Rieserfernergruppe, Bergverlag Rother, München, 1983. Wie die meisten Alpenvereinsführer (AVF), ist auch dieser längst vergriffen, aber mittlerweile digital erhältlich (gescannte Bibliotheksausgabe). Teilweise veraltet, aber mit vielen interessanten Hintergrundinformationen zur Rieserfernergruppe. Evtl. antiquarisch bei Alpen-Antiquariat Ingrid Koch.
Beikircher, Werner & Hellweger, Karl: Alpinführer Tauferer-Ahrntal (Wanderungen, Berg- und Skitouren), Athesia, Bozen, 1981. Ebenfalls teilweise veraltet, aber mit schönen schwarz-weiß Bildern, die fast schon historisch anmuten – zumindest was die Gletscherstände betrifft. Vergriffen, nur noch antiquarisch erhältlich.
Amt f. Naturparke, Naturschutz u. Landschaftspflege d. Autonomen Provinz Bozen/Südtirol (Hrsg.): Naturparke in Südtirol, Athesia-Tappeiner, Bozen, 2. Auflage 2005. Beschreibung und Besonderheiten der sieben Naturparke in Südtirol. Vergriffen, nur noch antiquarisch erhältlich.
Auf dieser Tour gibt es unterwegs leider keine bewirtschaftete Hütte. Das bedeutet, ihr müsst eure Verpflegung und Getränke komplett dabei haben.
Der ÖV ist im Ahrntal sehr gut ausgebaut. Grund dafür ist vermutlich die Nähe zu Bruneck. Selbst im hinteren Ahrntal (Prettau, Kasern) kann man mit dem Bus schon gegen 6:00 Uhr am Ausgangspunkt sein. Das ermöglicht Tagestouren auch auf hohe Gipfel. Auch in Rein kann man schon kurz nach 6:30 Uhr sein. Wer gerne früh loszieht, hat hier tolle Möglichkeiten.
Fahrpläne Südtirol zum Download
Und hier noch ein paar Ideen für Bergwanderungen ohne Auto:
Wandern ohne Auto im Ahrntal
Der Beitrag hat dir gefallen? Du hast Fragen? Du möchtest Feedback geben? Schreib mir gerne an peter@montolando.com. Ich freue mich über deine Nachricht.