Schneeschuhwandern im Mendelkamm zwischen Trentino und Südtirol
Es gibt markantere Berge als den Corno di Tres, der auf der Südtiroler Seite Treser Kopf oder Treser Horn heißt. Ein »Horn« lässt sich hier kaum erkennen. Von keiner Seite denkt man: »da muss ich unbedingt hinauf«. Auch wenn man den Berg von den nördlichen Nachbargipfeln sieht, wie vom Monte Roen oder vom Schönleiten, bietet sich das gleiche Bild: Ein großer runder Buckel, bis ganz oben hin mit dichtem Wald überzogen. Also eher kein Traumgipfel?
Weit gefehlt, denn das Gipfelplateau selbst ist fast völlig frei und bietet eine weite Sicht in alle Richtungen. Wenn man von der Malga Rodeza durch den meist dichten Wald zum Gipfel steigt, dauert es zwar sehr lange, bis man endlich freie Sicht hat. Erst kurz unterhalb des Gipfels öffnet sich der Blick auf die Bergwelt zwischen Trentino und Südtirol. Was man dann aber vom Gipfel zu sehen bekommt, ist einfach nur sensationell.

Namengeber des Berges ist die Ortschaft Tres in der Val di Non. Der Mendelkamm ist auf der Nonstaler Westseite deutlich sanfter als auf der Südtiroler Ostseite, wo die Gipfel zum Teil mit senkrechten Felswänden ins Überetsch und Südtiroler Unterland abfallen. Ein weiterer einfacher Gipfel im Mendelkamm ist der Penegal, der sich zu jeder Jahreszeit erreichen lässt. In dem Beitrag findet ihr weitere Infos über den Mendelkamm.
Im Winter mit Schneeschuhen zum Corno di Tres
Die Tour ist moderat (ca. 700 Hm, 2½ Std.) und es ist nirgends steil. Bis auf den letzten Abschnitt verläuft die Tour stets auf breiten Forst- und Wirtschaftswegen. Es besteht keine Absturzgefahr und lediglich der etwas steilere Schlusshang erfordert etwas Trittsicherheit. Auch die Lawinengefahr ist als äußerst gering einzustufen. Eine Selbstauslösung von Lawinen wäre bei sehr schlechten Bedingungen (Lawinenwarnstufen 4 & 5) in der Querung unter dem Gipfel denkbar. Hier haben wir also eine ideale Schneeschuhtour für Anfängerinnen & Anfänger. Für den Fahrweg zur Malga Rodeza können bei Vereisung Krampen hilfreich sein.
Der Anstieg vom Rifugio Predaia zum Corno di Tres ist eine einfache Tour und auch im Winter sehr beliebt. Denn auch die Italiener mögen Wanderungen im Winter mit den Schneeschuhen, den Ciaspole.
Die Wanderung verläuft komplett auf Trentiner Territorium. Südtiroler Boden betritt man auf erst auf dem Gipfel. Abgesehen vom südlichsten Abschnitt, verläuft die Grenze zwischen Trentino und Südtirol über die Gipfel des Mendelkammes.

Bären im Trentino
Ein Thema, das in der letzten Zeit vermehrt diskutiert wird: Bären. In den vergangenen Jahren kam es immer häufiger zu Begegnungen zwischen Bär und Mensch. Nicht nur in der Val di Sole, sondern auch in der Val di Non oder weiter südlich in den Gardaseebergen, vereinzelt auch in Südtirol. Auch auf der Ostseite des Mendelkamms wurden in den letzten Jahren immer wieder Bären gesichtet bzw. Spuren nachgewiesen wie in Eppan.
Bei der Malga Rodeza weist ein Schild auf die mögliche Anwesenheit von Bären hin. Der erste Tipp: Lärm machen. Wenn Bären dadurch tatsächlich abgeschreckt werden, dann sind eure Schneeschuhe perfekt. Auf dem Forstweg machen sie genug Geräusche … Eine weitere Möglichkeit wäre es, samstags oder sonntags unterwegs zu sein. An Wochenenden ist hier in der Regel immer was los.
Ich war an dem Tag meist allein unterwegs, außer mir stiegen nur wenige zum Corno di Tres. Da kann man schon mal ins Grübeln kommen und sich fragen: »Was, wenn hier jetzt tatsächlich ein Bär auftaucht?«

Vom Rifugio Sores zur Malga Rodeza
Vom Rifugio Sores, 1205 m, zunächst flach auf dem geteerten Fahrweg mit der Nummer 503, der abwechselnd durch lichten Wald oder über freie Flächen mit nur wenig Steigung Richtung Rifugio Predaia führt. Unterwegs habt ihr immer wieder einen schönen Blick auf die Val di Non und die beeindruckende Kette der Brenta. Beim Rifugio Predaia, 1396 m, das auf einer Hochfläche liegt, genießt man bereits eine sehr schöne Rundsicht. Bis hierher wäre auch eine Auffahrt mit dem Pkw möglich.
Der Fahrweg führt dann zunächst noch über freies Gelände, später dann durch Wald. Auch die Steigung nimmt wieder etwas zu. Ohne jegliche Orientierungsprobleme erreicht ihr die Malga Rodeza, 1570 m, auf manchen Karten auch Malga di Tres genannt. Hier macht eine Tafel auf die mögliche Anwesenheit von Bären aufmerksam.

Von der Malga Rodeza zum Corno di Tres
Von der Malga Rodeza führt der Fahrweg in die dicht bewaldete Westflanke des Mendelkammes zwischen Hirschkopf und Corno die Tres. Zugegeben: Diese Passage ist etwas monoton. Andererseits steigt der Weg kaum an und ist daher nur wenig anstrengend. Dies gilt aber nur dann, wenn der Fahrweg gespurt ist. Nicht gespurte Fahrwege sind besonders in Wäldern mitunter sehr mühsam zu gehen.
Die Hänge werden unter dem Corno di Tres etwas steiler, der Fahrweg ist aber weiterhin breit genug. Nördlich unterhalb des Gipfels ist der Fahrweg dann zu Ende. Endlich, möchte man fast meinen … Rechts führt die Markierung mit der Nummer 500 zum Fenner Joch. Der Gipfelanstieg zweigt mit derselben Nummer links ab. Durch dichten Wald geht es in Kehren am Nordwestrücken des Corno di Tres hinauf. Kurz unter dem Gipfel bietet sich die Möglichkeit, kurz nach rechts abzuzweigen, um zu einem ersten Aussichtspunkt zu gelangen. Hier befindet sich auch ein Gedenkstelle für Soldaten mit Glocke.
Nun sind es noch fünf Minuten, dann steht ihr am Gipfel des Corno di Tres, 1812 m, mit einer wunderbaren Aussicht. Nach dem langen Anstieg durch dichte Wälder kommt diese Aussicht durchaus überraschend.

Panorama vom Corno di Tres
Der Corno di Tres überragt das Etschtal zwischen Neumarkt und Salurn um 1600 Hm. Die Etsch schiebt hier die Bergwelt weit auseinander, was besonders Richtung Süden schön zu sehen ist. Links von der Etsch stehen die Vizentiner Alpen, mit Vigolana (Becco di Filadonna), Cima Carega (Piccole Dolomiti) und weiter vorn die Marzola. Rechts von der Etsch steigen die Hänge steil zu den Gipfeln des Monte Bondone (Il Palon & Cornetto) an. Rechts davon der Monte Stivo, über dessen Grat gerade noch der Monte Altissimo di Nago am Gardasee hervorlugt.
Ein Blickfang ist die Cima Roccapiana, höchste Erhebung im südlichen Abschnitt des Mendelkamms. Genau über ihrem Gipfel erkennt man die Anlagen auf der Paganella. Weiter nach rechts sieht man im Hintergrund die Berge um den Monte Cadria. Mächtig ragen im Westen die gewaltigen Gipfel der Brenta in den Himmel. Im Nordwesten über der Val di Sole die Gipfel der Maddalene zwischen Val di Non und Ultental. Dahinter die südliche Ortlergruppe, mit Palon della Mare, Cevedale, Königspitze, den beiden Eggenspitzen und der Zufrittspitze.

Im Norden ist der breite Rücken des Monte Roen, die höchste Erhebung im Mendelkamm, der einzige Gipfel, der die Rundsicht ein wenig einschränkt. Hier verstellen zusätzlich ein paar Bäume den Blick. Links vom Roen schauen die Ötztaler Alpen heraus. Rechts vom Roen stehen über dem Etschtal die Gipfel der Dolomiten, vom Schlern über Langkofel, Rosengarten und Latemar zur Pala. Daran schließen sich rechts die Fleimstaler Alpen und die Gipfel des Lagorai an.
Südöstlich unter uns liegt 600-700 Hm tiefer die Hochfläche des Fennberg. Von dort erfolgen üblicherweise die Anstiege von der Südtiroler Seite über den Räthersteig (Fenner Joch) oder über den Sattelsteig. Beide verlaufen zum Teil durch sehr steile Hänge und sind daher für Touren mit Schneeschuhen nicht geeignet.
Hier oben könnte man stundenlang sitzen und den Tag genießen. Es lohnt sich, einen klaren Tag abzuwarten!
Ausgangs- und Endpunkt
Rifugio Sores in der Val di Non. Erreichbar am einfachsten auf zum Teil schmalen, aber guten Straßen ab Mollaro an der SS43 via Priò und Vervò. Parkplätze. Kein ÖV.
Zeiten & Höhenmeter Rifugio Sores – Malga Rodeza 1½ Std.
Malga Rodeza – Corno di Tres 1 Std.
Corno di Tres – Malga Rodeza 45 Min.
Malga Rodeza – Rifugio Sores 1¼ Std.
610 Hm
Anforderungen & Jahreszeit WT2, evtl. Krampen bei vereistem Fahrweg zur Malga Rodeza
ganzjährig, außer bei extremer Schneelage und hoher Lawinengefahr
Der Corno di Tres ist auf den meisten Wanderkarten nur am Rand zu finden und es braucht dann eine zweite Karte. Die einzige Karte, die den ganzen Anstieg enthält ist die 50er von Kompass. Bei der einfachen Orientierung ist die Karte völlig ausreichend.
Kompass: 95 Val di Non / Nonstal, 1:50 000. Zwar kleiner Maßstab, dafür gut zur Bestimmung der Gipfel über der Val di Non sowie wasser- und reißfest.
Der Corno di Tres ist als Schneeschuhtour nur in italienischen Publikationen zu finden. Zumindest kenne ich keinen deutschen Schneeschuhführer über diese Region.
Kein ÖV zum Ausgangspunkt beim Rifugio Sores. Dies ist nur ab Vervò möglich, was 300 Hm und knapp eine Stunde Anstiegszeit zusätzlich erfordert.
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