Die besten Tipps zum Bergwandern
Herbstzeit ist die schönste Wanderzeit. Das würden viele von euch wohl unterschreiben. Stabiles Wetter, prächtige Farben, Fernsicht ohne Ende. Genau so stellt man sich eine Bergwanderung im Herbst vor. Bergtouren im Oktober liebe ich über alles. Er ist definitiv mein Lieblingsmonat in den Bergen. Und ja, auch im November gibt es viele schöne Tage, obwohl der Monat einen eher schlechten Ruf genießt und als trüb und neblig gilt.
Bereits im September ändert sich manches: Die Tage werden kürzer und es sind bereits nicht mehr so viele Bergwanderinnen & Bergwanderer unterwegs. Zumindest an den Werktagen und in Gebieten ohne Seilbahn. Dies gilt aber nicht an den Wochenenden, denn die voralpinen Regionen wie im Allgäu oder in den Schweizer Voralpen zwischen Bodensee und Genfersee sind besonders im Herbst beliebte Wanderziele.
Der »goldene Oktober« ist dann der Höhepunkt. In den Voralpen verfärben sich Laubbäume wie Ahorn oder Birke und in den Hochalpen starten die Lärchen ihr »farbiges Feuerwerk«. Der Himmel ist oft klar und blau und die Fernsicht scheint grenzenlos zu sein. Richtung Süden verblauen die Berge im Dunst und Gegenlicht. Nach einem kalten Start morgens kann es auf den Bergen tagsüber nochmals angenehm warm und mild werden. Also perfekte Bedingungen für schöne Bergwanderungen.
Bevor wir über die Tourenplanung im Herbst sprechen, möchte ich auf zwei typisch herbstliche Besonderheiten etwas näher eingehen.
Inversionswetterlagen
Üblicherweise wird es im Herbst langsam aber sicher kälter. In diesem Jahr war dies lange Zeit nicht der Fall. Ich kann mich kaum an einen September erinnern, der so stabil und warm war wie in 2023. Ebenso nimmt auch die Temperatur von unten nach oben kontinuierlich ab. So würde man vermuten. Dies ist im Herbst nicht immer der Fall, denn es gibt so genannte Inversionswetterlagen, auch Temperaturinversion genannt. Dann liegt ein stabiles Hoch über Mitteleuropa oder etwas weiter östlich davon.
Oberhalb der Inversion nimmt die Temperatur nach oben nicht ab, sondern zunächst erst einmal zu. Im Herbst (und Winter) bildet oft eine Nebelschicht die Obergrenze einer Inversion. Hier werden vertikale Luftbewegungen ausgebremst und es kann kein Luftaustausch mehr stattfinden. Kalte Luft ist schwerer als warme und bleibt daher in den bodennahen Schichten liegen.
Die höchsten Temperaturen finden sich über der Nebelschicht. Natürlich nimmt ab einer bestimmten Höhe die Temperatur nach oben hin wieder ab. Bis es allerdings so kalt ist wie im Tal unter dem (Hoch-) Nebel, kann es durchaus noch ein paar hundert Höhenmeter nach oben gehen. Diese Momente habe ich schon sehr oft erlebt: Nicht selten kann man im Oktober und November bei einer solchen Wetterlage vor einer Alphütte auf 1700 Metern im T-Shirt sitzen. Und manchmal, wenn kein Wind geht, auch im Winter. Gleichzeitig sind die Menschen in der Stadt unter und in der Nebelschicht dick eingemummelt mit Mantel, Schal und Mütze unterwegs. Vor allem aber: ohne Sonnenstrahlen.
Föhnlagen
Ein weiteres, für den Herbst typisches Wetterphänomen ist der Föhn, ein warmer, trockener und talwärts gerichterer Fallwind. Er bläst nicht nur im Herbst, sondern besonders auch im Frühling. Durch die trockene Luft wirkt alles noch klarer, die Berge sind noch näher und die Fernsicht reicht noch weiter. Gleichzeitig sind die Temperaturen für die Jahreszeit viel zu hoch. Für manche Menschen ist der Föhn keine allzu angenehme Erscheinung, sorgt er doch mitunter für Kopfschmerzen. Andere wiederum fühlen sich davon geradezu aufgeputscht.
Wenn der Föhn Sturm- oder Orkanstärke erreicht, solltet ihr auf Touren über Grate besser verzichten. Wenn der Föhn mäßig, also bis 40 Km/h bläst, könnt ihr noch gut unterwegs sein. Aber auch dann erhöhen einzelne Böen das Risiko. In den Wetterberichen wird die Windstärke meist angegeben.
Wurde die Bezeichnung Föhn ursprünglich nur auf der Alpennordseite gebraucht, spricht man heute auch vom Nordföhn, der auf Alpensüdseite bläst, wie im Tessin oder in Südtirol. Der Nordföhn bringt oft starke Böen mit sich und ist deutlich kühler. Was logisch erscheint, denn die Luft kommt aus Norden oder Nordosten. Sie fühlt sich noch trockener an als beim Föhn auf der Alpennordseite und lässt einem gerne auch mal die Haare zu Berge stehen.
Tourenplanung bei Bergwanderungen im Herbst
Auf was solltet ihr besonders achten, wenn ihr Bergwanderungen im Herbst machen wollt? Hilfreich sind die Tipps zur Planung & Taktik beim Bergwandern. Im Herbst stellen sich bei der Tourenplanung jedoch weitere Fragen:
- Exposition – Ist die geplante Tour aktuell noch möglich? Welche Schwierigkeiten könnten auftreten? Südseitige Anstiege sind länger schneefrei und meist angenehmer zu gehen. Nordseitige Anstiege können im Herbst bereits vereist oder verschneit sein und dann zu ernsthaften Problemen führen. Dieser Aspekt sollte Grundlage für eure Routenwahl sein!
- Schneehöhe – Wie viel Schnee ist zu erwarten? Nicht überall sind die Schneehöhen und Schneemengen gleich. Wie viel Schnee liegt, findet ihr am einfachsten mit einem Blick auf Webcams vor Ort heraus. Im Zweifelsfall ist ein Anruf im Bergführerbüro oder bei der Tourist-Info sinnvoll.
- Routenwahl – Bin ich der Route gewachsen? Entsprechen die zu erwartenden Schwierigkeiten meinem Können? Dabei spielt wiederum die Exposition eine entscheidende Rolle.
- Dauer der Tour – Reicht die Tageslänge für meine Tour aus? Gibt es Passagen, die bei einbrechender Dunkelheit problematisch werden können? Lange Touren sind oft nicht mehr möglich und schlechte Verhältnisse können eure Tour deutlich verlängern.
Wenn ihr diese Aspekte geklärt habt, könnt ihr mit dem Zeitmanagement beginnen. Es ist Voraussetzung für eine gelingende Bergwanderung. Auch und gerade im Herbst.
Zeitmanagement bei Bergwanderungen im Herbst
Ein gutes Zeitmanagement ist im Herbst noch wichtiger als im Sommer. Okay, es gibt eher keine Gewitter. Dafür sind die Tage deutlich kürzer. Wie viele Stunden Unterschied könnten das sein? Die Differenz ist beachtlich: Ein Tag Mitte Oktober ist gegenüber Mitte Juli um fast 5 Std. kürzer! Selbst im Vergleich zu Mitte August beträgt die Differenz 3½ Std. Diese Angaben beziehen sich auf die Zeiten zwischen Sonnenaufgang und -untergang. Noch klarer wird der Unterschied, wenn wir noch die Dämmerung dazu rechnen. Diese ist im Sommer ungefähr doppelt so lange, wie im Herbst! Das macht fast nochmals eine Stunde aus, die ihr im Herbst weniger zur Verfügung habt als im Sommer. Insgesamt sind also 4-6 Std. weniger Zeit!
Im Herbst kann man lange am Gipfel sitzen: Es ist oft angenehm warm, aber nicht heiß. Kein schlechtes Wetter zwingt zum Abstieg. Nur die Zeit drängt bisweilen, weil die Tage so kurz sind. Und wenn man nicht aufpasst, kommt man leicht in die Dunkelheit.
Ihr denkt vielleicht, das wäre mir noch nie passiert? Weit gefehlt. Ich könnte euch von ein paar Touren berichten, bei denen ich im Herbst (und im Winter) in die Dunkelheit gekommen bin. Meistens lag es daran, dass ich mich in der Jahreszeit nicht so leicht vom Gipfel trennen kann und die Szenerie in mir richtiggehend »aufsauge«. Dann kann es beim Abstieg zeitlich eng werden. Okay, manchmal ist es sogar einkalkuliert, weil ich weiß, dass ich das letzte Stück auf einem Fahrweg oder gar auf einer asphaltierten Straße zurücklegen kann. Für solche Fälle habe ich immer eine Stirnlampe dabei. Das würde ich euch grundsätzlich empfehlen. Nicht nur im Sommer für Hüttenübernachtungen oder bei einem frühen Start zu einer Hochtour – gerade auch im Herbst und Winter sind die leuchtenden Dinger sehr nützlich.
Der Rucksack wird schwerer – Zusätzliche Ausrüstung für Bergwanderungen im Herbst
Im Beitrag Ausrüstung & Kleidung beim Bergwandern findet ihr eine Liste mit Ausrüstungsgegenständen. Im Herbst braucht ihr noch ein paar Dinge mehr. Einige davon sind auch im Sommer nicht verkehrt.
Euer Rucksack wird schwerer, weil ihr im Herbst mehr Ausrüstung dabei habt. Eine warme Jacke ist ein Muss – und sie darf gerne »richtig« warm sein! Tourenjacken sind heute viel leichter als noch vor 10-20 Jahren. Besonders praktisch sind »Daunenjacken«, die sich einfach und schnell zusammendrücken und verstauen lassen. Bitte ohne echte Daunen, es geht auch mit Kunstfasern! Warme Kleidung nach dem »Zwiebelprinzip« ist im Herbst besonders sinnvoll, denn die Temperaturunterschiede zwischen einem kühlen Morgen und der Gipfelrast in der warmen Nachmittagssonne können beträchtlich sein. Im Sommer kann ein kräftiger Wind sogar als angenehm empfunden werden. Wenn ihr an Hitzetagen auf einem Gipfel sitzt, tut der kühle Wind mitunter gut. Im Herbst kann dies ganz anders sein. Zum Beispiel wenn der Föhn bläst.
Auch wenn die Sonne nicht dieselbe Kraft hat wie im Sommer, aber Sonnenschutz ist in den Bergen zu jeder Jahreszeit ein Thema. Im Herbst scheint sie euch manchmal direkt ins Gesicht, weil sie nicht so hoch am Himmel steht.
Im Herbst auf feuchten oder verschneiten Wegabschnitten zeigen sich die Vorteile von Wanderstöcken. Nicht immer führt eine Tour über die warme Sonnenseite. Kurze schattige Passagen zwischendrin können durchaus heikel sein. Dann sind Wanderstöcke sehr nützlich.
Nordanstiege nach Neuschnee? Kann man machen, aber ich würde euch dringend empfehlen, für solche Touren Grödel mitzunehmen.
Vor allem aber: Ein Bergschuh mit einer guten Profilsohle (Vibram-Sohle) ist im Herbst auf feuchtem und rutschigem Untergrund noch wichtiger als im Sommer!
Hier ist eine Liste mit zusätzlichen Ausrüstungsgegenständen für den Herbst (falls ihr diese nicht bereits im Sommer dabei habt):
- Warme Kleidung (Jacke, Langarmshirt, … )
- Handschuhe, Mütze, Schal
- Stirnlampe mit Ersatzbatterien
- Wanderstöcke (sehr hilfreich auf rutschigem Untergrund)
- Krampen oder besser Grödel (bei Schnee und Eis)
Wenn ihr eure Tour seriös plant, steht einem Traumtag im Herbst mit grenzenloser Fernicht nichts mehr im Weg.
Liste mit schönen Bergwanderungen im Herbst
- Großer Daumen und Nebelhorn im Allgäu / D
- Hochgrat oder Steineberg in der Allgäuer Nagelfluhkette / D
- Namloser Wetterspitze im Tiroler Lechtal / A
- Golmer Höhenweg im Montafon / A
- Breiter Spitz in der Silvretta / A
- Hoher Kasten im Alpstein / CH
- Hirzli & Planggenstock in den Glarner Alpen / CH
- Cima della Trosa & Madone im Tessin / CH
- Monte Tamaro im Tessin am Lago Maggiore / CH
- Große Laugenspitze bei Meran / I
- Speikboden im Ahrntal / I
Ganz gleich, für welchen Titel ihr euch entscheidet – für Anfängerinnen & Anfänger im Bergwandern sind die drei Bücher gleich empfehlenswert. Sie sind von ausgewiesenen Fachleuten geschrieben, die ihr umfangreiches Wissen weitergeben. Um Missverständnissen vorzubeugen: Eins davon reicht!
Dick, Andreas & Schulte, Dirk: Alpin-Lehrplan 1: Bergwandern – Trekking (Wissen & Praxis), Hrsg. vom Deutschen Alpenverein (DAV), Bergverlag Rother, München, 8. Auflage 2023.
Perwitzschky, Olaf: Bergwandern – Bergsteigen: Basiswissen (Wissen & Praxis), Bergverlag Rother, München, 3. Auflage 2021.
Volken, Marco et al.: Ausbildung Bergwandern / Alpinwandern – Planung / Technik / Sicherheit, SAC-Verlag, Bern, 2023.
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