Alpgues Rundweg im Montafon
Die Alpguesseen waren lange ein einsames Ziel und nur selten besucht. Wer von Silbertal zu den Alpguesseen wollte, musste mit einer Gehzeit von 4-5 Std. rechnen. Ja, das Silbertal ist sehr lang und für Pkw gesperrt. Kaum kürzer sind die Anstiege von St. Gallenkirch oder Gortipohl. Auch hier durfte man mindestens 4 Std. einplanen.
Die beiden Seen liegen im Europaschutzgebiet Verwall, dem größten Schutzgebiet Vorarlbergs. Es ist größer als vier der sechs Nationalparke in Österreich. Die Schutzbestimmungen sind nicht so streng wie in einem Nationalpark, dennoch solltet ihr euch daran halten. Das Gebiet ist ein bedeutender Lebens- und Rückzugsraum für viele Gebirgsvogelarten und andere heimische Wildtiere.
In früheren Jahren, als wir noch jung waren, wollten wir das machen: Im Frühsommer, wenn auf den Nordseiten der Berge noch viel Schnee liegt, von Silbertal zu den Alpguesseen steigen und von dort zum Rossberg oder gar zum Scheimersch. Das wäre wohl eine echte »Monstertour«. Daraus ist letztlich nie etwas geworden … obwohl ich noch heute zum Teil sehr lange Touren mache.
Seitdem die Grasjochbahn auch im Sommer in Betrieb ist, sind die beiden Seen in einer moderaten Wanderzeit und geringen Höhenunterschieden erreichbar. Die Rundtour zu den Alpguesseen hat sich mittlerweile zu einer beliebten Wanderung im Montafon gemausert, die viel begangen wird.
Was ihr bei der Rundwanderung dennoch berücksichtigen solltet: Wenn ihr lediglich die Höhenzahlen von Grasjoch, 1975 m, und (Nördlichem) Rossbergjoch, ca. 2315 m, gegenüberstellt, ergibt das gerade mal 340 Hm. Ganz so easy ist es dann aber doch nicht. Mit Gegenanstiegen sind etwas mehr als 700 Hm zu bewältigen. Zuletzt wartet nach der Alpguesalpe ein Anstieg von über 300 Hm!
Wer zeitig dran und fit ist, kann die Tour mit einem oder zwei Gipfeln anreichern: Scheimersch und Rossberg sind vom Wormser Weg einfach erreichbar.
Madererkamm
Die Alpguesseen liegen im Madererkamm, einer etwa 11 Km langen Bergkette im Westen der Verwallgruppe, zwischen dem Montafon im Süden und dem Silbertal im Norden. Sie verläuft vom Grasjoch in östlicher und südöstlicher Richtung zum Gaschurner Winterjöchle, an der Grenze zu Tirol. Namengeber ist der Valschavieler Maderer, der mit 2769 m höchste und gleichzeitig schönste Gipfel im Kamm. Ein markantes Horn mit einem langen und nicht einfachen Anstieg. Madererspitze und Kleinmader sind weitere Namen für den alles überragenden Gipfel. Im Madererkamm liegen in mehreren Mulden einige Seen verschiedener Größe. Die bekanntesten sind die beiden Alpguesseen im westlichen Abschnitt und der Valschavielsee beim Gaschurner Winterjöchle.
Wormser Weg
Südlich unterhalb des Madererkamms verläuft einer der längsten Höhenwege in Vorarlberg: Der Wormser Weg, der die Wormser Hütte mit der Neuen Heilbronner Hütte verbindet, nimmt 9 Std. in Anspruch. Unterwegs gibt es zwar immer wieder die Möglichkeit, ins Montafon abzusteigen (St. Gallenkirch, Gortipohl, Gaschurn), aber mit mindestens 1200 Hm Differenz. Daher nur bei sicherem Wetter und mit der nötigen Kondition begehen.
Wanderung vom Grasjoch zu den Alpguesseen
Von der Bergstation am Grasjoch, 1975 m, zunächst auf breitem Weg am Rand des Skigebiets entlang. Vorbei an der Abzweigung zur Alpguesalpe (hier schließt sich die Runde am Nachmittag), quert der Wormser Weg in die sehr steile, mit vielen Lawinenverbauungen garnierte Westflanke des Scheimersch. Der Weg ist sehr aussichtsreich mit schönen Blicken über das innere Montafon. In der steilen Flanke ist Trittsicherheit erforderlich und beim Blick in die Lawinenrinnen schadet Schwindelfreiheit auch nicht.
Nach knapp einer Stunde ist das Wormser Törl, 2172 m, erreicht. Hier weitet sich der Blick auf die Silvretta und den Madererkamm. Wer Zeit, Kondition und Lust hat, kann von hier in ca. 30 Min. zum Gipfelkreuz auf dem Vorgipfel des Scheimersch, ca. 2380 m, steigen. Der Weg ist blau-weiß markiert, aber für Trittsichere und Schwindelfreie problemlos machbar und sehr lohnend, T3. Vom Kreuz sind es weitere 15 Min. zum Hauptgipfel, 2420 m. Zum Teil weglos, teils auf Pfadspuren, erfordert dieser Abschnitt Trittsicherheit und Erfahrung im weglosen Gelände, mindestens T3+. Das Bild zeigt den Ausblick vom Hauptgipfel ins Montafon. Unterhalb der Bildmitte ist das Kreuz am Vorgipfel zu sehen.
Vom Wormser Törl quert der Wormser Weg das breite Kar unterhalb von Scheimersch und Geisterspitze, zum Teil auch durch Blockfelder. Zuletzt in gut angelegten Kehren steiler hinauf ins (Nördliche) Rossbergjoch, ca. 2315 m. Hier seht ihr schon den Oberen Alpguessee, der in seiner Mulde vor sich hin träumt. Der Weg zweigt direkt im Joch links ab und führt über Hochweiden hinab zum Oberen Alpguessee, ca. 2170 m. Hier lässt sich wunderbar rasten. Auch ohne weite Rundsicht ist dies ein wunderbarer Platz. Es lohnt sich, kurz zum Rücken nördlich des Sees aufzusteigen. Von dort bietet sich ein Tiefblick auf den Unteren See.
Der folgende Abstieg ist ein wenig steiler, ihr steht bald am Ufer des Unteren Alpguessees, 2047 m (Swisstopo). Der See liegt in einer Mulde direkt unter der steilen Felsflanke der Geisterspitze. Das Beitragsbild vermittelt euch einen Eindruck von diesem Platz.
Von den Alpgueseen über die Alpguesalpe zum Grasjoch
Auch vom Unteren Alpguessee geht’s etwas steiler, dafür aber rasch hinab zur Alpguesalpe, 1796 m. Die in manchen Karten zu findende Höhe von 1720 m kann nicht korrekt sein. Sowohl die ÖK als auch Swisstopo und OSM platzieren die Alpe knapp unterhalb der 1800-m-Höhenlinie.
Bei der Alpe lohnt es sich, den Flüssigkeitsbedarf aufzufüllen, denn nun wartet noch ein mühsamer und etwas monotoner (Gegen-) Anstieg von gut 300 Hm. In der prallen Nachmittagssonne kann das nochmals eine echte Herausforderung werden.
Alternativ ist von der Alpguesalpe ein Abstieg nach Silbertal möglich (Busverbindung nach Schruns). Der Wegweiser gibt 2½ Std. über den direkten Weg via Ronaalpe an und gar 3½ Std. über den Güterweg und die Dürrwaldalpe. Also sicher kein »Katzensprung«.
Dann vielleicht doch eher den Gegenanstieg Richtung Grasjoch in Kauf nehmen? Der Weg ist leicht zu begehen und nicht zu verfehlen. Er führt von der Alpe meist in westlicher Richtung auf die unterste Schulter im Nordgrat des Scheimersch (P. 2106 m der ÖK, bei Swisstopo P. 2098 m). Neben der Anstrengung bietet der Weg auch eine schöne Rundsicht über das einsame Silbertal und seine unbekannte Bergwelt. Besonders die Eisentalergruppe besticht, dazu der Patteriol, aber auch die Gipfel des Lechquellengebirges jenseits des Klostertals (Spuller Schafberg, Rote Wand) zeigen sich. Von der Schulter bleibt nur noch ein gemütlicher Abwärtsbummel zur Grasjochbahn.
Ausgangs- und Endpunkt
Bergstation der Grasjochbahn von St. Gallenkirch im Montafon. Erreichbar von Schruns mit Pkw oder Bus (650), Haltestelle Valiserabahn.
Zeiten & Höhenmeter
Grasjoch – Wormser Törl 45 Min.
Wormser Törl – Oberer Alpguessee 45 Min.
Oberer Alpguessee – Unterer Alpguessee – Alpguesalpe 30 Min.
Alpguesalpe – Grasjoch 1¼ Std.
ca. 700 Hm, inkl. Gegenanstiege (zum Teil geschätzt)
Anforderungen & Jahreszeit
T2, Trittsicherheit in der steilen Flanke unter dem Scheimersch
Mitte Juli bis September (Betriebszeiten der Bahn beachten!)
Kümmerly+Frey: 02 Montafon – Silvretta, 1:35 000, reißfest, inkl. Download der Karte für das Smartphone.
freytag & berndt: 5507 Montafon, 1:25 000.
Kompass: 032 Montafon, 1:25 000.
Mayerhofer, Rudolf: Die schönsten Bergwanderungen in Vorarlberg, Löwenzahn, Innsbruck, 10. Auflage 2020. Mit Ausschnitten der ÖK (Österreichische Karte). Eine wahre Fundgrube!
Flaig, Walther & Hermine: Alpenpark Montafon – Ein Führer durch das Tal, Russmedia Verlag, Bregenz, 13. Auflage 1998. Eine Fundgrube für alle, die sich für Geschichte, Geologie usw. des Montafons interessieren. Vergriffen, wird meines Wissens nicht mehr neu aufgelegt. Nur noch antiquarisch erhältlich.
Alpguesalpe (Getränke und kalte Speisen, keine Infos im Internet)
St. Gallenkirch liegt an der Buslinie durch das Montafon von Schruns nach Partenen (650), Haltestelle Valiserabahn.
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