Populäre Wanderung in der Ostschweiz
5-Seen-Wanderung – was nach einem modernen Marketingbegriff aus der heutigen Zeit klingt, ist der Name einer beliebten Rundwanderung in der Ostschweiz, die bereits seit den 1970er-Jahren viel begangen wird. Die Region rund um den Pizol ist Teil der Tektonikarena Sardona.
Fünf Seen ziehen immer – dabei machen die meisten Wanderinnen & Wanderer nur vier davon. Den ersten, den kleinen Wangsersee lassen sie wortwörtlich links liegen und steuern von der Bergstation aus direkt den Wildsee an. Dabei ist der Wangsersee nur fünf Minuten von der Station entfernt, aber eben in der falschen Richtung. Er wird einfach vergessen. Das ist mir auch schon passiert.
5 Seen – 5 Charaktere
Jeder der fünf Seen hat seinen eigenen Charakter. Wer die 5-Seen-Wanderung mit offenen Augen geht, wird das bestätigen.
Der kleine Wangsersee sonnt sich in einer Mulde auf dem Hochplateau der Laufböden. Der Wildsee strahlt im Verbund mit dem Pizol und den Zacken der Schwarzen und Grauen Hörner im Hintergrund so etwas wie alpines Flair aus.
Der Schottensee liegt in einer abgelegenen Mulde. Er leuchtet in Türkis und bietet einen schönen Ausblick zu den Glarner Alpen. Den kleinen Strand nicht zu vergessen …
Der Schwarzsee wirkt etwas ernster. Vielleicht liegt es daran, dass er in einem nach nordseitigen Kessel zwischen zwei dunklen Berggruppen liegt, die aufgrund ihrer dunklen Gesteine Schwarzseehörner und Schwarzplangggrat heißen. Der kleine Baschalvasee liegt auf einem kleinen Rasenplateau mit freier Sicht ins Rheintal und schimmert grün.
Erinnerungen, Erlebnisse und Geschichten
Im Buch Zürcher Hausberge von Walter Pause und Hanns Schlüter war natürlich auch der Pizol drin. Ein kleiner Gletscher, aber ohne Spalten. Also hochalpines Ambiente mit einem für uns überschaubarem Risiko.
Das erste Mal wollten wir im September hinauf. Am Pizolgletscher war Endstation. Der Gletscher war blank, ohne Steigeisen keine Chance weiterzukommen. Enttäuscht zogen wir wieder ab und machten noch die 5-Seen-Wanderung mit dem Gamidaurspitz als »Trostgipfel«. Uns fehlte einfach die Erfahrung, dass im Herbst besonders kleine Gletscher blank sein können und man dafür Steigeisen braucht.
Ein Jahr später waren wir im verregneten Sommer 1987 im August wieder da. Dieses Mal mit Steigeisen. Sie waren überflüssig, der Pizolgletscher war butterweich. Im Abstieg »surften« wir über den Gletscher hinab. Die Steigeisen verbrachten einen gemütlichen Tag im Rucksack. Aber besser zu gut ausgerüstet als zu schlecht.
Zuletzt war ich in 2010 am Pizol. Er war einer der Traumwandergipfel in der Schweiz, die ich im gleichnamigen Wanderbuch porträtierte. Damals schrieb ich: »Fragt sich nur, wie lange es den kleinen Pizolgletscher noch gibt, denn er wird immer kleiner. Grund genug also, um baldmöglichst dem Pizol einen Besuch abzustatten.« Leider ist dies nicht mehr möglich, denn der Pizolgletscher ist mittlerweile Geschichte. In 2018 zerfiel er in zwei Hälften und 2019 wurde er medienwirksam »beerdigt«. Den Pizol kann man natürlich noch immer besteigen – jedoch nicht mehr auf der alten Route.
5-Seen-Wanderung
Vorneweg: Ihr solltet diese Wanderung keinesfalls unterschätzen. Sie verlangt immerhin Trittsicherheit. In den nordseitigen Karen halten sich die Schneefelder bis in den Sommer. Dies gilt vor allem für den Abstieg vom Wildsee zum Schottensee. Eine angemessene Ausrüstung ist daher unbedingt erforderlich. Und noch ein Tipp: An schönen Wochenenden, besonders im Herbst, ist die 5-Seen-Wanderung meist überlaufen.
Von der Bergstation Pizolhütte, 2227 m, (östlich der Station befindet sich wie oben angedeutet der erste der fünf Seen, der Wangsersee) führt der Weg zunächst flach mit nur mäßiger Steigung auf die Schwarzen Hörner zu. Erst im Anstieg zur ersten Lücke steigt der Weg kräftiger an und führt in vielen Kehren hinauf in die Wildseeluggen, 2492 m.
Hier habt ihr das klassische Bild mit Wildsee und Pizol vor euch. Schon in 2010 war der Gletscher einiges kleiner als bei meinem ersten Besuch. Wer ihn nie gesehen hat, kommt vielleicht gar nicht darauf, dass dort mal ein Gletscher war. Auch auf den Bildern hier tarnt er sich perfekt unter dem Neuschnee.
Von der Wildseeluggen quert der bestens markierte Steig zunächst oberhalb des Wildsees, um dann in Kehren zum Schottensee, 2332 m, hinabzusteigen. Der Weg steigt von hier nach einer längeren Querung auf den Rücken des Schwarzchopfs und auf der anderen Seite wieder hinab zum Schwarzsee, 2372 m. Es folgt nochmals ein kurzer Anstieg auf den Rücken von Baseggla. Hier oben warten unzählige Steinmänner. Vorbei am Gamidaurspitz geht’s hinab zum Baschalvasee, 2174 m, dem letzten See der Runde. Der letzte Abstieg führt über zum Teil steile Hänge zur Station Gaffia, 1870 m.
Apropos Gamidaurspitz: Den kleinen Gipfel solltet ihr euch nicht entgehen lassen. Er bietet eine wunderbare Sicht ins Rheintal bis zum Bodensee, zu den Churfirsten, zur Alviergruppe und zum Rätikon. Was man nicht vergessen darf: Die 5-Seen-Wanderung wartet vor allem im zweiten Abschnitt nach dem Schottensee mit viel Weitsicht auf.
Pizol
Der Name »Pizol« leitet sich aus dem Rätoromanischen (Piz Aul, Piz Ot) ab, was so viel wie »Hohe Spitze« bedeutet. In älteren Landkarten war auch die Form »Piz Sol« zu finden und die örtliche SAC-Sektion nennt sich so. Wie Manfred Hunziker im SAC-Führer Ringelspitz / Arosa / Rätikon schreibt, ist dies nicht zu begründen. Voraussetzung dafür wäre italienisches Siedlungsgebiet, was im Sarganserland jedoch nie der Fall war. Vor der Ankunft der deutschsprachigen Alemannen siedelten in diesem Alpenraum Rätoromanen. Viele Bergnamen in der Ostschweiz und noch mehr in Graubünden und im benachbarten Vorarlberg gehen auf rätoromanische Bewohner zurück. Die Sonne heißt auf Rätoromanisch »il sulegl«.
Alpine Wanderung zum Pizol
Von der Wildseeluggen quert der Weg die steile Flanke der Wildseehörner bis in den flachen Schuttkessel unter dem Pizolgletscher. Hier zweigt nach rechts der Steig über den Lavtinasattel ins Weisstannental ab. Auf blau-weiß markierten Wegspuren steigt ihr durch Moränenschutt bis zum Vorfeld des ehemaligen Gletschers.
In 2010 stieg man noch über den Gletscher zum Pizolsattel. Diese Route wurde aus Sicherheitsgründen aufgegeben. Die neu markierte Route, steigt östlich vom ehemaligen Pizolgletscher über einen Sporn westlich von P. 2712 m, auf den Grat. Weiter über den Grat, führt sie zum Teil gesichert vorbei an P. 2810 m, in den Pizolsattel, 2789 m. Da ich die neue Route nicht kenne, möchte ich hier keine Angaben machen. Eine genaue Beschreibung findet ihr bei Heidiland Tourismus unter Gipfeltour Pizol.
Vom Pizolsattel quert der Gipfelanstieg steil durch Südhang in die Westflanke hinein. Über felsige Absätze, zum Teil drahtseilgesichert, erreicht ihr bald das Gipfelkreuz auf dem Pizol, 2843 m.
Rundsicht vom Pizol
Die Rundsicht zeigt die markanten Gegensätze zwischen den Vor- und den Hochalpen. Im Süden steht die gewaltige Mauer des Ringelgebirges, weiter rechts schließen sich Trinserhorn und Sardona-Massiv an, über das gerade noch der Tödi hervorschaut.
Links vom Ringelgebirge geht der Blick über den Kunkelspass zu den Bergen der Plattagruppe (manchmal Oberhalbsteiner Alpen genannt). Weiter links leuchten am Horizont die Gletscher der Bernina, davor Albulagruppe und Plessurgebirge. Die Silvretta und der Rätikon mit der markanten Schesaplana beschließen den Reigen der Bündner Alpen.
Im Norden geht der Blick weit hinaus ins Rheintal bis zum Bodensee. Links vom Rheintal erkennt ihr Säntis und Churfirsten. Im Westen steht über den grünen Höhen der Flumserberge die breite Mauer des Glärnisch.
Ausgangspunkt
Pizolhütte, Bergstation der Pizolbahn von Wangs (2800). Wangs erreicht man mit dem Bus ab Sargans (80.430). Sargans liegt im Schnittpunkt der zwei bedeutendsten Bahnlinien im St. Galler Oberland von Zürich (900) und St. Gallen (880). Mit Pkw bis zur Talstation, Parkplätze.
Endpunkt
Station Gaffia der Pizolbahn nach Wangs (2800).
Zeiten & Höhenmeter
Pizolhütte – Wildseeluggen 1 Std.
Wildseeluggen – Gaffia 3 Std.
530 Hm, 890 Hm
Pizolhütte – Pizol 2¼ Std.
Pizol – Pizolhütte 1¾ Std.
620 Hm
Anforderungen & Jahreszeit
T4, Pizol, Bergerfahrung & Trittsicherheit
T2, 5-Seen-Wanderung, Trittsicherheit
Mitte Juli bis September
St. Galler Wanderwege, 25-4 Pizolgebiet, 1:25 000, basiert auf Swisstopo. Beste Karte der Region.
Swisstopo-App für Smartphone und Tablet.
Infos und Blattschnitte bei Swisstopo.
Hunziker Manfred: Clubführer Ringelspitz / Arosa / Rätikon, SAC Verlag, Bern, 2010. Wie alle SAC-Führer zwar nicht unbedingt preiswert, aber im gewohnt exakten und souveränen Stil von Manfred Hunziker. Topp!
Wangs und die Talstation der Pizolbahn (2800) erreicht man mit dem Bus ab Sargans (80.430). Sargans liegt im Schnittpunkt der Bahnlinien von Zürich nach Chur (900) sowie St. Gallen nach Chur (880).
Die Schweiz hat das beste System des öffentlichen Verkehrs – zumindest im Alpenraum. Ich habe selbst ein Halbtax-Abo (»Schweizer Bahncard«). Das Halbtax ist nicht nur in den Zügen, sondern auch in Bussen und vielen Bergbahnen gültig. Die Bahntickets sind nicht gerade preiswert, Parkplätze und Parkhäuser aber auch nicht.
Infos zu Preisen und Verbindungen:
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